Kolumne Liebeserklärung: Ist das wichtig?

Die TIMSS-Studie hat ergeben: Deutsche Grundschüler*innen liegen in Mathe unter dem europäischen Durchschnitt.

Zwei Grundschüler*innen von hinten, über den Stühlen hängen die Schulranzen, die Kinder brüten über einer Aufgabe

Jetzt ein Eis… Das wär' toll! Foto: dpa

Muss man eigentlich immer alles messen und erheben und bewerten? Ist die Vergleichbarkeit unserer Leistungen wirklich so wichtig? Auch schon bei Kindern?

Egal zu welcher Antwort man kommt, jetzt sind auf jeden Fall die Viertklässler*innen dran. Die so genannte TIMSS-Studie misst und vergleicht die Leistungen von europäischen Schüler*innen im Fach Mathematik und in den Naturwissenschaften, und zwar jeweils zum Ende der vierten Klasse. Wie alt ist man da? Neun Jahre? Zehn?

Was die Studie für das Jahr 2015 zu Tage fördert, ist, durch die Brille der neoliberalen Vergleichbarkeitslogik gesehen, unerfreulich. Schließlich strebt das fleißigste Rädchen im System nach einem der vorderen Plätze. Und die haben die deutschen Grundschüler*innen nicht erreicht.

In Mathematik liegt Deutschland mit 522 Punkten im Mittelfeld der Untersuchung. Aber was wird bei diesen Tests eigentlich abgefragt? Wie viel verschiedene Eissorten kosten, zum Beispiel. Objektiv mag das wichtig sein, aber in der Realität ist es doch eher so: Die Kinder brüten über hundsgemeinen Textaufgaben, obwohl sie das Eis lieber essen möchten, im Freibad, statt in der Schule abzuhängen. Ist das nun falsch?

Aus gegebenem Anlass eine Testfrage an Sie: Gemessen werden soll ihr gesunder Menschenverstand. Wie viel hat die Fähigkeit, als Viertklässler*in die korrekten Preise von Eissorten ausrechnen zu können mit dem späteren Erfolg im Leben zu tun? a) nichts b) viel, wenn davon die Versetzung aufs Gymnasium abhängt c) nichts, wenn die Bewertung der Leistungen nicht unwesentlich von der Schichtzugehörigkeit der Eltern abhängt.

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben den ersten Platz belegt, weil alle drei Antworten richtig sind. Feiern wir also das Mittelmaß, statt es zu verdammen. Kaufen wir unseren Kindern ein Eis, wenn sie schlecht in Mathe sind. Und reformieren wir das Schulsystem so, dass alle Kinder gleiche Chancen haben. Denn nur dann, haben wir wirklich etwas erreicht.

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Geboren 1977 in München, war von 2011 bis 2019 zunächst als Bayernkorrespondentin, dann als Redakteurin und später als Ressortleitung im Ressort taz2 (Gesellschaft und Medien), sowie als Content SEO bei der taz. Jetzt ist sie wieder als freie Autorin unterwegs.

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