Behördliche Diskriminierung: Zu fremd für Buxtehude

Ihr Perso reichte nicht aus: Eine Frau aus Buxtehude musste ihre Einbürgerungsurkunde vorlegen, weil ihr Name nicht deutsch genug klingt.

Hier muss man wohl Schmidt, Müller oder Meier heißen, damit man als deutsch gilt: Buxtehude Foto: dpa

HAMBURG taz | Mit den Glückwünschen kam die Diskriminierung: „Zur Geburt Ihrer Tochter meine herzlichen Glückwünsche“, schrieb eine Standesbeamtin im niedersächsischen Buxtehude im Mai an das Ehepaar Ferdaouss Adda und Tobias Lasner, das gerade aus der Entbindungsklinik nach Hause kam. Und weiter: „Zur Beurkundung der Geburt bitte ich Sie noch um Vorlage der Einbürgerungsurkunde von Frau Adda“ – obwohl die frischgebackene Mutter Deutsche ist.

Ihr Ehemann Tobias Lasner, der die Diskriminierung nun öffentlich macht, beschreibt sie anhand ihrer Eckdaten so: „Tochter marokkanischer Migranten, in Offenbach geboren, hessisches Abitur, Studium, Promotion, deutscher Pass, südhessisches Temperament.“ Warum nur sie den Nachweis der deutschen Staatsbürgerschaft erbringen sollte, und nicht beide, wunderte die Eheleute. Denn das Standesamt verlangt, bevor es eine Geburtsurkunde ausstellt, ebenfalls die Personalausweise der Eltern. Aus denen geht die Staatsbürgerschaft hervor.

Lasner erkundigte sich beim Standesamt, warum das in diesem Fall nicht ausreiche. Die Standesbeamtin habe geantwortet, dass eine Verwaltungsvorschrift sie anhalte, nach der Einbürgerungsurkunde zu verlangen, wenn der Name der betreffenden Person „offensichtlich nicht deutsch sei“.

Auf diese Weise entscheide die Standesbeamtin, welche Namen deutsch und welche nicht deutsch sind – „ohne vermutlich Kenntnisse der Onomastik, der Namensforschung, zu haben“, sagt Lasner. Per Brief beschwerte er sich bei der Bürgermeisterin von Buxtehude, Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos). „Es wird ein überflüssiger amtlicher Unterschied zwischen meiner Frau und mir in Bezug auf unser Deutschsein gemacht, obwohl in unseren Personalausweisen die deutsche Staatsbürgerschaft belegt ist“, schrieb er.

Außerdem wandte sich das Ehepaar an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die ihm Recht gab. „Bei dem von Ihnen vorgetragenen Sachverhalt handelt es sich allem Anschein nach tatsächlich um eine Diskriminierung aufgrund ethischer Herkunft“, schrieb ein Referent.

Zwar ist es nicht das erste Mal, dass Adda rassistische Diskriminierung im Alltag erlebt – im Gegenteil: „Fälle von Diskriminierung begleiten mich mein Leben lang“, sagte sie der taz. Aber dass eine Behörde so offensichtlich anders mit BürgerInnen umgehe, die einen nicht deutsch klingenden Nachnamen hätten, habe sie schockiert. „Sie behandeln mich wie eine Bürgerin zweiter Klasse“, sagte Adda. Sie erwarte eine Entschuldigung.

Einen Monat, nachdem sie sich an die Bürgermeisterin gewandt hatten, bekam das Paar eine Antwort. Aber von einer Entschuldigung keine Spur. Buxtehudes Bürgermeisterin Oldenburg-Schmidt, schrieb, sie bedauere sehr, dass Frau Adda und Herr Lasner sich durch das Vorgehen der Standesbeamtin „diskriminiert, bzw. gekränkt fühlen“. Statt sich zu entschuldigen, belehrte Oldenburg-Schmidt das Ehepaar jedoch: „Ein Personalausweis mit der Angabe „Staatsangehörigkeit: deutsch“ stellt keinen Nachweis über die deutsche Staatsangehörigkeit dar, sondern begründet lediglich eine Vermutung.“ Diese solle durch die Einbürgerungsurkunde bestätigt werden.

Ferdaouss Adda

„Sie behandeln mich wie eine Bürgerin zweiter Klasse. Ich erwarte eine Entschuldigung“

Doch genau darin liege die Diskriminierung, meint Adda: „Sie verlangt eine weitere Urkunde, weil sie weder mir noch meinem Personalausweis in Bezug auf die deutsche Staatsangehörigkeit glaubt.“ Bei ihrem Mann habe die Vermutung schließlich nicht belegt werden müssen.

Auch Doreen Eichhorn, die Leiterin des Verwaltungsbereichs, dem das Standesamt angegliedert ist, weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück. Ausschlaggebend für die Frage nach weiteren Papieren sei nicht der ausländisch klingende Nachname gewesen, sondern Addas Geburtsurkunde. Aus der Urkunde von 1980 geht hervor, dass Addas Eltern gebürtige MarokkanerInnen sind.

Die Verwaltungsvorschrift, auf die sich die Standesbeamtin berief, existiere hingegen nicht, sagt Eichhorn. Die Beamtin, die möglicherweise nervös gewesen sei, habe sich eigentlich auf eine Personenstandsverordnung beziehen wollen. Danach ist es dem Standesamt erlaubt, weitere Unterlagen zu verlangen, wenn es erforderlich ist. Eine Entschuldigung seitens der Bürgermeisterin sei unnötig: „Warum sollte man sich entschuldigen, wenn man sich rechtmäßig verhalten hat?“.

Mit der Reaktion der Behörde ist Adda nicht zufrieden. „Es zeigt sich, dass Frau Oldenburg-Schmidt unser Anliegen gar nicht begriffen hat.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.