Ein letztes Aufbäumen von John Kerry kurz vor Schluss

Nahost Mit Grundsatzrede zum Nahostkonflikt erntet US-Außenminister nur Spott in Israel

Israel will „Beweise“ für Obamas Verhalten an die Trump-Regierung übergeben

JERUSALEM/BERLIN rtr/afp/taz | Eine Zweistaatenlösung ist nach Ansicht des scheidenden US-Außenministers John Kerry die einzige Möglichkeit, dauerhaft Frieden zwischen Israel und Palästinensern zu schaffen. Diese Auffassung hat Kerry am Mittwoch in Washington in einer Grundsatzrede über eine Friedenslösung bekräftigt.

In den vergangenen Tagen war es wegen der Haltung der USA im UN-Sicherheitsrat zu Spannungen mit Israel gekommen. Der Sicherheitsrat hatte Israel am Freitag zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalem aufgefordert. 14 Länder stimmten dafür, die USA verzichteten auf ihr Vetorecht und enthielten sich.

Kurz vor Kerrys Rede gab die Stadtverwaltung von Jerusalem laut Aktivisten grünes Licht für einen umstrittenen Siedlungsneubau. Im palästinensischen Stadtteil Silwan im Ostteil der Stadt soll nun ein vierstöckiges Gebäude gebaut werden, wie die Nichtregierungsorganisation Ir Amim mitteilte. Zuvor hatte Regierungschef Benjamin Netanjahu die Abstimmung über ein anderes Projekt über Hunderte neue Siedlerwohnungen im Ostteil Jerusalems verschoben, um die Spannungen mit den USA nicht weiter anzuheizen, wie ein Vertreter des Planungsausschusses von Jerusalem mitteilte.

US-Außenminister Kerry wollte in seiner Rede auch auf die seiner Ansicht nach unberechtigte Kritik Israels am Abstimmungsverhalten der USA im UN-Sicherheitsrat eingehen. Die Resolution hatte zum bislang größten Krach zwischen Israel und den USA geführt. Premier Netanjahu hatte gesagt, es gebe keinen Zweifel, dass die Regierung Obamas hinter der Resolution stehe, sie die Formulierung mit ausgearbeitet und ihre Verabschiedung verlangt habe. Israel habe sogar handfeste Beweise dafür, dass die US-Regierung die Formulierungen zuvor mit den Palästinensern abgestimmt habe. Diese würden an die neue US-Regierung unter Donald Trump übergeben.

Politischen Beobachtern in Washington war unklar, was Kerry mit seiner Rede so kurz vor dem Ende seiner Amtszeit erreichen wollte. Aus Israel jedenfalls erntete er schon vorab nur Spott. „Ich zerbeiße mir die Fingernägel in Erwartung von Kerrys Konfliktslösungsformel“, twitterte Israels Sicherheitsminister Gilad Erdan. „Werden 100 Jahre blutiger Konfrontation mit den Arabern in Israel enden, nachdem uns der Außenminister sagt, was wir tun sollen?“

Andere Stimmen agierten etwas vorsichtiger und erinnerten daran, dass Israel die USA zur eigenen Sicherheit braucht – immerhin hat die Obama-Regierung gerade 38 Milliarden US-Dollar Militärhilfe für die nächsten zehn Jahre bewilligt.