Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Österreich bleibt nur knapp seriös, Donald Trump wird Person des Jahres und die Atomindustrie braucht noch viel ewigere Ewigkeitskosten.

Portrait Van der Bellen

Ohne die Frisur kaum zu erkennen: Österreichs neuer Präsi Van der Bellen Foto: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Österreich bleibt nur knapp seriös und Italien bleibt italienisch.

Und was wird besser in dieser?

Unter Wasser ist „großes Aufatmen“ eine interessante Idee.

Alexander Van der Bellen hat die Wahl in Österreich gewonnen. „Nur“ 46,2 Prozent haben den Rechtspopulisten Norbert Hofer gewählt. Kann Europa jetzt wieder hoffen?

25 Jahre vom „Burschenputsch“ Jörg Haiders in der ehedem liberalen FPÖ bis zu den Strachehofers. Bis zu den Ohren die braune Denke mit Lenor verschleimt und weichgespült – wir können also die Uhr auf circa 2013 stellen und schauen, ob die AfD nach der guten deutschen Art bis 2038 braucht. Österreich hatte die internationale Ächtung wegen seines NS-Veteranen Waldheim und die EU-Sanktionen wegen Haiders Regierungsbeteiligung.

Das kann man auch als Coaching-Prozess lesen, als politischen Darwinismus vom survival of the fettest. Sind wir gerade dabei, mit Talkshows, großem medialen Häufchenbestaunen und Verliebtheit in den düstersten Thrill, den Hiesigen eine ordentliche Professionalisierung zu schenken? Österreich hat Politik unter dicken Löffeln Schlagobers aus eitel Groko vergraben und vor sich hin modern lassen. Am Ende stand die Wahl zwischen feige betulich und dummdreist. Da ist die Wahl Schwarz gegen Rot-Rot-Grün eine bessere Antwort. Vor einer braunen Ratte müssen Demokraten nicht ängstlich zusammenstehen, sondern sich auseinandersetzen.

Das Time-Magazin hat Donald Trump zur Person des Jahres gekürt. Wen hätten Sie gewählt?

Fast alle US-Präsidenten seit Franklin D. Roosevelt waren „Man oft the Year“, das geht mit der Wahl einher und ist im Preis mit drin. 1938 und 1939 waren es Hitler und Stalin, Trumps Vorgängerin als „Person of the Year“ ist Angela Merkel. Da hat er eine gewisse Auswahl bei der Auskleidung des Titels. Einmal hatte Time Eier und verweigerte einem president elect den Titel – Gerald Ford. Diesmal hätte es sich angeboten, Hillary Clinton zu ehren, oder, schön heimtückisch: Barack Obama.

Letzte Worte für Hildegard Hamm-Brücher?

Wenn die FDP und die Grünen sich umblicken würden, wären sie froh, so eine gerade Furche im Acker zu sehen wie die, die jetzt mit Hamm-Brücher endet. Und darin gibt sie dem Liberalismus in Deutschland doch ordentlich Zukunft mit auf den Weg.

Eon, RWE und Vattenfall haben wegen des beschleunigten Atomausstiegs gegen die Bundesregierung geklagt und zum Teil recht bekommen. Suchen die Unternehmen im Gegenzug jetzt das Endlager?

Oder TTIP, da könnten sie noch ein paar Runden weiterklagen. Das nationale Recht ist hier Endstation und ein gutes Indiz dafür, dass auch künftig in einem sicheren, unabhängigen Rechtsraum entschieden werden muss. Wie man bei den Folgen des Kohlebergbaus von „Ewigkeitskosten“ spricht, erfordert die Atomindustrie einen Begriff à la „Noch viel ewigere Ewigkeitskosten“. Und die fallen hier an, und hier ist also zu entscheiden.

Auf dem CDU-Parteitag wurde Angela Merkel mit 89,5 Prozent wieder zur Vorsitzenden gewählt. Was wollen die übrigen 10 Prozent?

Den Iffland-Ring für herausragende schauspielerische Leistungen. Schließlich ging es darum, sowohl ein überzeugendes Mandat für die Kanzlerkandidatin zu performen als auch einen nicht ehrenrührigen Grad an Dissens, damit Rechtswahlgefährdete die CDU doch als Hort ihrer Träume erwägen können.

Die Junge Union will die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen und der Amadeu Antonio Stiftung die Gelder streichen. Wer streicht der JU eigentlich bald mal die Gelder?

JU-Chef Paul Ziemiak ist als Pole in Polen geboren und dürfte sich selbst nicht ganz zu Unrecht als Beispiel für gelungene Integration wahrnehmen. Vielleicht ist er damit auch so etwas wie ein „Staatsbürger Europas“. Warum er einer Organisation vorsteht, die anderen solche Türen verschließen möchte, wird er erklären können.

In den USA breitet sich eine Verschwörungstheorie aus, nach der Hillary Clinton im Keller einer Pizzeria einen Kinderpornoring betreibe. „Pizzagate“ heißt die Affäre. Zeit, das Internet abzuschalten?

Trump hat den Sohn seines Sicherheitsberaters aus seinem Übergangsteam entlassen, weil der die Theorie über Twitter mitverbreitet hatte. Immerhin, nachdem ein besorgter Bürger mit der Wumme in der Pizzeria herumgeballert hatte. Da also Trump die Sache bestreitet, ist vermutlich etwas dran.

Und was machen die Borussen?

Glanz gegen Real Madrid, Rumpelball gegen Frankfurt und Köln. Im Trump-Lager geht man davon aus, dass es zwei BVBs gibt.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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