Höhere Kitagebühren für Gutverdiener: Kinder werden teurer

Rot-Grün beschließt höhere Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung bei höheren Einkommen. Elternvertreter kündigen Klage an.

Ein Mädchen spielt mit einer Spielzeugkasse.

Die Kasse stimmt: Eier plus Beitag plus Gurken sind … tausend! Foto: dpa

BREMEN taz | Selbst Maike Schaefer, der Grünen-Fraktionschefin, ist das neue Gesetz über die Beiträge, die Eltern für die Betreuung ihrer Kinder zahlen müssen, eigentlich zu sehr „mit heißer Nadel gestrickt“, wie sie gestern am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von ParlamentarierInnen und ElternvertreterInnen sagte. Dennoch wird sie es in der heutigen Bürgerschaftssitzung mit den Stimmen ihrer Fraktion und denen der SPD beschließen. Weil Haushalte mit niedrigem Einkommen entlastet werden und sie die hohen Beiträge für Besserverdienende – der Spitzensatz liegt bei 430 Euro für Jahresbruttoeinkommen über 95.000 Euro – für gerechtfertigt hält. Und weil das Bildungsressort ihr zugesichert habe, dass das Gesetz dieses Mal juristisch nicht angreifbar sei.

Die letzte Erhöhung scheiterte vor Gericht

Das sehen Andreas Seele, Vorsitzender der Zentralen Elternvertretung (ZEV), und Katja Moede-Nolting, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats katholischer Kindertagesstätten in Bremen (GEB), anders. Sie kennen 45 Eltern, die bereit sind, gegen das Gesetz zu klagen – und gehen davon aus, dass sie wie 2014 vor Gericht recht bekommen werden. Damals hatte das Oberverwaltungsgericht eine neue Beitragsordnung für nichtig erklärt und Bremen hatte neun Millionen Euro an zu viel eingezogenen Beiträgen zurück zahlen müssen. Insgesamt, so sagen die ElternvertreterInnen, soll Bremen 30 Millionen Euro verloren haben, wegen der hohen Kosten für die Abwicklung des Verfahrens.

„Für das Geld hätte man zehn neue Kindergärten bauen können, dann wären jetzt nicht 1.700 Kinder unversorgt und niemand müsste in Container“, sagt dazu Sandra Ahrens, kinderpolitische Sprecherin der CDU. Die Liste ihrer Kritik an dem Gesetzentwurf ist lang. So würde er Patchwork-Familien benachteiligen: Zum einen würden Unterhaltsvorschüsse, die etwa Väter für Kinder aus einer ersten Partnerschaft zahlen müssten, nicht angerechnet. Und in dem Fall, in dem jemand mit seinen nicht-leiblichen Kindern zusammenlebt, werde sein Einkommen nur dann bei der Beitragsberechnung hinzu gezogen, wenn er mit der Mutter der Kinder verheiratet ist.

Für angreifbar halten die ElternvertreterInnen das Gesetz vor allem deshalb, weil die Beitragssteigerungen zum einen überdurchschnittlich hoch und zum anderen nicht gleich verteilt sind. „Es gibt Urteile, dass die Beiträge um 50 Euro steigen dürfen, hier haben wir es teilweise mit knapp 200 Euro und einer Steigerung um 82 Prozent zu tun“, sagt Moede-Nolting vom GEB.

Eltern wollen kostenloses Jahr

Grundsätzlich wünschen sich beide ElternvertreterInnen, dass die Kindertagesbetreuung gar nichts kostet. „Wir wissen, dass das in Bremen nicht einfach ist, aber es müsste doch möglich sein, zumindest den Weg dahin einzuschlagen mit einem beitragsfreien Jahr“, sagt Moede-Nolting. Denn schließlich gehe es um die Frage, ob frühkindliche Bildung eine gesellschaftliche Aufgabe sei oder ob Familien das selbst regeln müssen.

Katja Moede-Nolting, GEB

„Hier haben wir teilweise mit einer Steigerung um 82 Prozent zu tun“

Beide ElternvertreterInnen forderten SPD und Grüne dazu auf, das Gesetz nicht zu beschließen, sondern für das übernächste Jahr eine gut durchdachte Beitragsordnung vorzulegen. Andreas Seele vom ZEV erinnerte daran, dass die zuständigen Senatorinnen nach dem Urteil fast zwei Jahre hatten verstreichen lassen, bis es dann im Herbst dieses Jahres ganz schnell gehen musste. Weil das Gesetz in dieser Bürgerschaftssitzung beschlossen werden musste, damit es zum nächsten Kindergartenjahr wirksam werden kann, konnten auch die zuständigen Gremien sich nicht mehr damit befassen.

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