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: Wiedergeburt eines Auges

„I Origins – Im Auge des Ursprungs“ (USA 2014; Regie: Mike Cahill)

Mike Cahills Spielfilmdebüt, „Another Earth“ von 2011, hat kühn eine zweite Erde an den Himmel neben die erste gesetzt. Ein Bild, eine Herausforderung, eine Sache, die nach Erklärung verlangte, aber um deren naturwissenschaftliche Erklärung es Cahill zuallerletzt ging. Viel eher ging es um, nun ja, Erdung des Wunders in einer Geschichte, die Auflösung der Spekulation in rein menschlichen Dramen, in kleine Wahrnehmungen, die sich dem Einsatz der Handkamera, einem explorativen, geduldigen Stil verdankten, der große Bewegungen des Schicksals in Beobachtungen alltäglicher Dinge auflöst. Der Film wollte auf Großes hinaus, aber faszinierte durch Gegenbewegungen ins Meditative und Kleine.

„Another Earth“ war mit ganz wenig Geld gedreht, wurde beim Festival in Sundance ein Riesenerfolg und spielte ein Vielfaches der Produktionskosten ein. So hatte Cahill für seinen zweiten Spielfilm, „I Origins“, zehnmal so viel Geld zur Verfügung, allerdings ist eine Million Dollar für einen Science-Fiction-Film immer noch wenig. Genug Geld immerhin für einen mittleren Star, Michael Pitt. Wie beim ersten Mal mit von der Partie ist Brit Marling.

In „I Origins“ spielt Marling eine junge, ehrgeizige Laborassistentin namens Karen, die ihren Chef, Ian Gray (Pitt), durch Ehrgeiz, Kenntnisse, Hartnäckigkeit sehr beeindruckt. Grays Forschung, und also auch ihre, dreht sich um die Evolution des menschlichen Auges. Sein Ziel: Er möchte die Vertreter des „Intelligent Design“ widerlegen, die das hochkomplizierte Sinnesorgan als Beweis dafür nehmen, dass ein Schöpfer bei der Entwicklung des Lebens seine Hand im Spiel gehabt haben muss. Dafür muss er den Beweis erbringen, dass die Evolution selbst dabei Schritt für Schritt den Sehsinn in die Welt gebracht haben kann.

Gray ist Forscher bei Tag und macht in der Nacht die Bekanntschaft einer zunächst maskierten Frau namens Sofi (Àstrid Bergès-Frisbey). Genauer gesagt: Er fotografiert ihre Augen, weil er immerzu Augen fotografiert. Sie ist der brünette und hitzige Gegenentwurf zur blonden und kühlen Karen: Sie glaubt an einen realen Sinn fürs Spirituelle, verdreht Gray den sonst so wissenschaftlichen Kopf – und dann stirbt sie. Das ist die Wiederkehr eines Motivs aus Cahills Debüt: Der Tod als Existenzial, einerseits das Irdischste von der Welt, andererseits Anlass und Grund, hinter den Dingen dieser die einer anderen Welt zu vermuten. Hier nicht in Form eines zweiten Planeten am Himmel, sondern in Gestalt einer Entdeckung, die als scheinbarer Fehlabgleich daherkommt.

Ian Gray geht der Sache nach. Nicht spekulativ, oder genauer gesagt mit einem gründlich wissenschaftlichen Sinn für die Spekulation. Die spirituelle Hinterwelt, um die es Cahill hier geht, ist die Möglichkeit der Reinkarnation. Die genau vermessenen Augen Sofis nämlich tauchen als die Augen einer anderen in einer weltweiten Iris-Datenbank wieder auf. So schickt Cahill seinen Protagonisten erst zur blonden Gegenfigur Karen, dann nach Indien, wo ihm nach langer Suche am Ende die Augen aufgehen.

„I Origins“ ist in mancher Hinsicht eine Doublette des Erstlings. Wissenschaftlicher Sinn und spiritueller Gegensinn werden miteinander vermittelt. Damit das gelingt, ist Cahill allerdings mancherlei recht. Die Grundanlage ist schematisch und grob; in den Dialogen wird alles immerzu ausbuchstabiert. Eine Reise zu Auge, Ich, Ursprung, bei der man leider den Eindruck nicht loswird, dass Cahill von Anfang an mit gezinkten Karten gespielt hat.

Ekkehard Knörer

Die DVD ist ab rund 10 Euro im Handel erhältlich