CDU

Die Christdemokraten stehen zu ihrer Vorsitzenden Angela Merkel. Aber wie lange noch? Eindrücke vom Bundesparteitag in Essen

CDU nimmt Kurs auf Abschiebungen

Asyl Der Leitantrag auf dem CDU-Parteitag stellt schärfere Maßnahmen gegen abgelehnte Asylbewerber in den Mittelpunkt. Steuererhöhungen werden für die nächsten Jahre zum Tabu erklärt

Die CDU-Mandatsträger müssen bangen. Schon lange verliert die Partei eine Wahl nach der nächsten. Eine Auswahl.

Bundestagswahl 2013: CDU/CSU 41,5 (+7,7), SPD 25,7 (+2,7), Grüne 8,4 (–2,3), Linke 8,6 (–3,3), FDP 4,8 (–9,8), AfD 4,7

Berlin 2016: CDU 17,6 (–5,8), SPD 21,6 (–6,7), Grüne 15,2 (–2,4), Linke 15,6 (+3,9), FDP 6,7 (+4,9), AfD 14,2

Mecklenburg-Vorpommern 2016: CDU 19 (–4), SPD 30,6 (–5), Grüne 4,8 (–3,9), Linke 13,2 (–5,2), FDP 3 (+0,2)

Baden-Württemberg 2016: CDU: 27 (–12), SPD 12,7 (–10,5), Grüne 30,3 (+6), Linke 2,9 (+0,1), FDP 8,3 (+3), AfD 15Quelle: wahlrecht.de

ESSEN taz | Die CDU versucht mit ihrem Leitantrag für den Bundesparteitag in Essen, die innerparteilichen Kritiker der Flüchtlingspolitik einzubinden. Besonders auf Drängen des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl nahm der Vorstand Formulierungen in den Text auf, die als Zugeständnisse verstanden werden sollen.

Insbesondere der Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern soll sich ändern. So sollen die Behörden diese Menschen zum Zwecke ihrer Abschiebung nicht mehr nur für vier Tage, sondern für vier Wochen einsperren können. Wenn eine Gefahr von den Ausreisepflichtigen ausgeht, soll dies einen eigenen Grund darstellen, sie in Abschiebehaft zu nehmen – allerdings definiert die CDU nicht, wie diese Gefahr festgestellt werden soll.

Wer abgeschoben wurde und gegen seine Wiedereinreisesperre verstößt, soll schon an der Grenze abgelehnt oder aber sofort wieder abgeschoben werden. Wenn sich ein Asylbewerber weigert, bei der Feststellung seiner Identität zu helfen, soll das Asylverfahren beendet und der Antragsteller zur Ausreise aufgefordert werden. Beide Maßnahmen lassen sich als Bekräftigung der Rechtslage verstehen.

Auch auf anerkannte Asylbewerber will die CDU Druck machen: So soll seinen Status verlieren, wer in dem Land, aus dem er geflohen ist, Urlaub macht. Der Reisepass soll in diesen Fällen entzogen werden.

Ergänzt werden die Verschärfungen durch Vorschläge, die Integration der Flüchtlinge erleichtern sollen: Dazu zählt eine bundeseinheitliche „Kompe­tenz­­erfassung“ für Flüchtlinge und die Möglichkeit, im ersten Jahr einer Beschäftigung unter dem ortsüblichen Lohn anzubieten.

Die CDU ignoriert weiterhin die Forderung der CSU, sich für eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen auszusprechen

Jenseits der asylpolitischen Vorschläge will der CDU-Vorstand den wirtschaftsnahen Flügel mit dem Versprechen einbinden, in der nächsten Legislaturperiode keine Steuern zu erhöhen. Während es bislang etwas undeutlich hieß, die „Steuerquote“ solle nicht erhöht werden, heißt es nun, Steuererhöhungen seien grundsätzlich ausgeschlossen. Insbesondere betreffe dies eine Verschärfung der Erbschaftsteuer und eine Einführung der Vermögensteuer.

Diese letzte Klarstellung kann als Signal gegen eine Koalition 2017 unter Beteiligung der Grünen gewertet werden. Die Grünen hatten sich auf ihrem Parteitag für eine Vermögensteuer ausgesprochen.

Der Antrag wird an diesem Mittwoch beraten. Der Beschluss soll als Grundlage für ein gemeinsames Wahlprogramm mit der CSU dienen, das im Frühjahr 2017 verabschiedet werden soll. Christoph Herwartz