Kommentar Grüne und Innere Sicherheit: Erfreulich besonnen

Die Grünen wollen in der Debatte um Innere Sicherheit für Grund- und Freiheitsrechte eintreten. Das ist gut. Doch wie lange hält das Vorhaben?

Eine Sonnenblume vor blauem Himmel

Die Kernthemen interessieren gerade niemanden? Die Grünen versuchen's mit Besonnenheit Foto: dpa

Klimawandel, Energiewende, ökologische Modernisierung – wen interessieren derzeit schon klassisch grüne Themen? Die Diskussion über die innere Sicherheit überlagert alles, Angst bestimmt den öffentlichen Diskurs. Es ist die Hochzeit derer, die die allgemeine Stimmungslage mit martialischer Law-and-Order-Rhetorik bedienen und unablässig nach Gesetzesverschärfungen rufen – selbst wenn es sich nur um Placebos zur Beruhigung der Öffentlichkeit handelt. Weniger populär ist hingegen der Hinweis, dass es ein Irrweg ist, auf Gefährdungen mit immer weitergehenden Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte zu reagieren.

Gerade in einer solchen Situation ist eine konsequente Bürgerrechtspartei notwendiger denn je. Doch die Grünen, die sich stets als solche verstanden haben, tun sich schwer. Die Verunsicherung ist groß, wie nicht zuletzt das geradezu panische Abrücken von ihrer Vorsitzenden Simone Peter gezeigt hat, nur weil die das eigentlich Selbstverständliche gewagt hatte: nach der Verhältnismäßigkeit eines Polizeieinsatzes zu fragen. Nichts fürchtet die Partei mehr, als das Image eines Sicherheitsrisikos angehängt zu bekommen.

Umso erfreulicher ist der Beschluss, den die grüne Bundestagsfraktion jetzt auf ihrer Neujahrsklausur zum Thema Innere Sicherheit gefasst hat. Zwar lässt er keinen Zweifel daran, dass die Grünen die subjektiven Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung sehr wohl ernst nehmen. Zum anderen versucht die Fraktion aber den Anspruch nicht aufzugeben, den Grund- und Freiheitsrechten verpflichtet zu sein – und verweigert sich dem von ihr angeprangerten „populistischen Verdrängungswettbewerb“. „Wer bereit ist, die Freiheit für mehr Sicherheit zu opfern, wird am Ende beides verlieren“, heißt es in dem Beschluss.

Allerdings sollte man sich nichts vormachen: Es ist ungewiss, wie lange sich die Grünen noch dieses wahren Satzes erinnern werden, je näher der Wahltermin rückt.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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