Hamburger Hafenausbau vor Gericht: Feierabendbier mit Blick auf Stahlkisten

Klagen gegen den Ausbau des Containerterminals Eurogate stellen das Überleben des Hafens in Frage. Aber Villenbesitzer pochen auf unverbauten Blick.

Mehr Container, weniger Pappeln am Ufer gegenüber: Der Blick von der Strandperle über die Elbe wird sich wohl verändern Foto: Bodo Marks/dpa

HAMBURG taz | Ungehalten über seine eigene Klientel ist der FDP-Wirtschaftspolitiker Michael Kruse. „Das ist ein Schlag gegen die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens“, wettert Kruse gegen die 51 Menschen, die vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Pläne zur Westerweiterung des Eurogate-Terminals eingereicht haben. Diese Kläger sind Unternehmer, Makler, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprofessoren, die um ihren Ausblick vom Geesthang über Othmarschen und Övelgönne fürchten. Denn gegenüber auf dem Südufer der Norderelbe, an der Einfahrt zum Parkhafen und zum Waltershofer Hafen, soll Hamburgs größter Containerterminal entstehen.

Unter dem Begriff Westerweiterung (siehe Kasten) wird dieses Projekt bereits seit Mitte der 1990er-Jahre geplant, mehr als eine halbe Milliarde Euro wird es die Stadt und Eurogate voraussichtlich kosten. Es umfasst die Vergrößerung des Terminals um die Hälfte, die Zuschüttung eines nicht mehr zeitgemäßen Hafenbeckens, die Umgestaltung der Einfahrt zu einer 600 Meter breiten Bucht, in der die weltgrößten Containerriesen gedreht werden könnten.

Dafür muss an der Wasserkante eine mehr als 100 Jahre alte Pappelallee auf dem Bubendey-Ufer gerodet werden. Für die Bäume werden natürlich zum Ausgleich an anderer Stelle mehr und neue Bäume gepflanzt – aus den Villen am nördlichen Elbhang jedoch – wie auch aus der Bar „Strandperle“ direkt am Elbufer – fällt der Blick künftig nicht auf grüne Laubbäume, sondern auf bunte Stahlkisten, graue Schiffsrümpfe, gigantische Containerbrücken und einen 100 Meter hohen Leuchtturm.

Die Sammelklage werde das für das Überleben des Hafens wichtige Projekt „auf unbestimmte Zeit lahmlegen“, befürchtet Kruse, auch weil die Kläger die Vergrößerung des geplanten Drehkreises „torpedieren“. Denn nach Auskunft des Senats, so Kruse, „hat die Klage aufschiebende Wirkung“.

Die Westerweiterung betrifft ein rund 38 Hektar großes Gebiet am Köhlfleet, dessen Landfläche durch die Zuschüttung des nicht mehr zeitgemäßen Petroleumhafens vergrößert werden soll.

An einer auf 1.159 Meter verlängerten Kaimauer sollen zwei Liegeplätze für Containerriesen und einer für Feederschiffe geschaffen werden.

Dadurch soll die Kapazität des dortigen Eurogate-Terminals von vier auf sechs Millionen Standardcontainer (TEU) pro Jahr erhöht werden.

Die Kosten von etwa 283 Millionen Euro trägt die Stadt, Eurogate will weitere 250 Millionen Euro in moderne Umschlaganlagen investieren.

Hinzu kommt in der Einfahrt zum Parkhafen zwischen Eurogate und Burchardkai die Erweiterung eines Drehkreises von 480 auf 600 Meter, um auch die künftigen Containerriesen drehen zu können.

Das bestätigt der Anwalt der Kläger, Jan Mittelstein, von der auf Umweltthemen spezialisierten Kanzlei Mohr & Partner aus Altona. Sie vertritt zur Zeit auch die Klagen mehrerer Naturschutzverbände gegen die Elbvertiefung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Allerdings hat er die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember noch gar nicht begründet. „Ich warte noch auf Einsicht in die Behördenakten“, sagt Mittelstein. Sobald die Klagebegründung eingereicht sei, könnte die Stadt beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag auf „sofortige Vollziehbarkeit“ der Maßnahme stellen.

Ob dem aber stattgegeben wird, hängt sehr wahrscheinlich vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ab. Wenn das am 9. Februar in letzter Instanz die Elbvertiefung stoppen sollte, gäbe es keinen Grund zur Eile mehr: Dann werden im Hamburger Hafen auf lange Zeit weder ein vergrößerter Wendekreis für die Riesenfrachter noch erweiterte Terminals gebraucht werden.

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