Kommentar Vorwahl in Frankreich: Die linke Depression

Manuel Valls bezahlt für seine Regierungspolitik. Gesiegt haben die Kritiker vom linken Parteiflügel. Doch eine Chance haben die Sozialisten nicht.

Manuel Valls blickt zu Boden, über im der Schriftzug „Une France“

Manuel Valls wurde für den zentristischen Kurs der gegenwärtigen Regierung abgestraft Foto: ap

Mit Benoît Hamon geht ein Außenseiter als Favorit in die Stichwahl zur Nominierung des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten. Sein Gegner ist Manuel Valls. Dass er als Expremierminister in der ersten Runde dieser Vorausscheidung nur auf dem zweiten Platz liegt, ist eine Überraschung. Er ist in dieser Vorwahl der Kandidat der Kontinuität. Was er für seine Stärke hielt, hat sich jetzt als Handicap herausgestellt.

Valls bezahlt offensichtlich für seine Regierungspolitik. Mehr noch: für die gesamte Bilanz der Amtszeit von Präsident François Hollande. Der Vertrauens- und Sympathieverlust an der Basis der sozialistischen Wählerschaft ist krass. Die Vorwahl ist eine interne Abwahl von Hollande im eigenen Lager. Gesiegt haben die Kritiker vom linken Flügel der Partei.

Jetzt dramatisiert Valls seine missliche Ausgangslage. Er verkörpere den „möglichen Sieg“, Hamon dagegen die „sichere Niederlage“, warnte er am Sonntagabend die Sozialisten. Aber können diese überhaupt noch an einen Sieg glauben? Alle Umfragen besagen das Gegenteil und prophezeien eine schwere Niederlage. Weder Hamon noch Valls haben echte Chancen, es bei der Präsidentenwahl in die Entscheidungsrunde gegen den Konservativen François Fillon oder Marine Le Pen vom Front National zu schaffen. Die Aussicht eines Finales zwischen einer Rechtsextremistin und einem Konservativen mit einem neoliberalen Programm verstärkt noch die Resignation im Lager der Sozialisten.

Viele ihrer bisherigen WählerInnen sind bereits zu Emmanuel Macron oder Jean-Luc Mélenchon übergelaufen. Der sozialliberale Exminister und der selbsternannte linke Volkstribun wollen die jahrzehntelange Vorherrschaft des Parti socialiste im linken Lager Frankreichs beenden. Das hindert vorerst Hamon wie Valls nicht, weiterhin zu versichern, ihre Partei habe mit ihnen eine Zukunft. Wenn nicht 2017, dann vielleicht das übernächste Mal.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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