RB-Leipzig Stadionsprecher Tim Thoelke: „Rituale selbst entwickeln“

Tim Thoelke ist DJ und Stadionsprecher von RB Leipzig. Ein Gespräch über Obelix, seinen Style und das „Projekt Rasenball“.

Tim Thoelke vor einem Photoautomaten in der Leipziger Südvorstadt

RB Leipzig Stadionsprecher Tim Thoelke im Interview in der Photokabine auf der Leipziger Kneipenmeile Karli Foto: Markus Lücker

taz: Herr Thoelke, Ihre Plattensammlung ist in Leipzig bereits berühmt. Daneben sammeln Sie Comics. In Ihrem Regal steht Asterix. Sind Sie Fan der Gallier?

Tim Thoelke: Ich bin vor allem Fan von den Comics, die ich als Kind schon gelesen habe. Neben Carl Barks mit seinen Donald-Duck-Geschichten gehören für mich auf jeden Fall Asterix & Obelix dazu.

Eigentlich ist Asterix doch eine Geschichte vom Widerstand: Das kleine Dorf bedroht vom großen römischen Imperium. Hat das für Sie Identifikationspotenzial?

Das wird aus meiner Sicht etwas überinterpretiert. Die Widerstandsgeschichte ist bestimmt einer der Gründe, warum Asterix Ende der Sechziger bei den ganzen Studentenprotesten so beliebt war. Für mich als Kind war das aber egal – ist es heute noch. Ich mochte Obelix, weil er lustig war. Den Dorfbewohnern geht es doch gar nicht um den Kampf gegen irgendeine Besatzungsmacht. Die wollen einfach nur ihre Ruhe haben und sich nicht reinquatschen lassen.

In den Achtzigern haben Sie in der Punkband The Devil in Shorts gespielt.

Und Sie wollen da jetzt den Bogen zu Asterix schlagen? Gewagt. Es ist nicht so, dass ich damals wirklich politisch aktiv gewesen wäre. Ich fand die Kultur spannend, die Musik, bin Skateboard gefahren. Tatsächlich würde ich mich heute auch ein bisschen als unangepasst bezeichnen. So sollte man aber eigentlich nicht über sich reden. Das sagen auch Leute, die sowas Unangepasstes machen wie Briefmarkensammeln.

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Stadionsprecher sind für gewöhnlich auch eher ruppige Typen. Sie selbst tragen durchweg klassische Herrenmode. Sind Sie der Normale unter den Verrückten oder ist es andersrum?

Das mit dem Wahnsinn müssen andere beurteilen. Ich habe mir nie vorgenommen, dass ich im Stadion eine bestimmte Rolle spiele. Bevor mich RB Leipzig angesprochen hat, bin ich auch schon so rumgelaufen. Anzüge sind ja beim Fußball nichts Ungewöhnliches mehr. Pep Guardiola oder Jogi Löw zum Beispiel sehen beim Spiel oft so aus, als ob sie direkt von ihren Designerschneidern kommen.

Ihr Verein ist mittlerweile vom gallischen Dorf zum römischen Imperium herangewachsen.

Sie und Ihr Asterix (lacht). Ich glaube, der Vergleich hinkt hier einfach. RB Leipzig ist ein sehr spezieller Verein, den es so noch nie gegeben hat.

ist 1972 in Hannover geboren, DJ mit einem Faible für Italo Disco, Moderator einer Late-Night-Show und Stadionsprecher bei RB Leipzig.

Was ist das Spezielle?

Dass man mit einem großen Sponsor einen Plan entwickelt hat, wie man innerhalb kurzer Zeit bis in die Fußballbundesliga vorstoßen kann. Das war die Vision, das war der Traum: Bundesliga. Und dadurch wird RB noch viele Jahre ein besonderer Fall bleiben. Das zieht mich auch zu diesem Verein. Ich finde es superspannend, dass wir Rituale selbst entwickeln können. Andere Klubs machen ihre Sache seit Jahrzehnten auf dieselbe Weise. Bei uns muss man sich nicht anhören, wie geil es vor 30 Jahren war. Wir machen das jetzt alles von vorne.

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