Kolumne Wir retten die Welt: Eine andere Welt ist möglich

Wir leben, als hätten wir eine zweite Erde im Kofferraum. Und wenn es wirklich so wäre? Forscher haben sieben passende Planeten gefunden.

Sonnenuntergang auf dem Planeten Trappist 1f

Genug Wasser und Eis, nur 40 Lichtjahre entfernt Foto: dpa

Schon wieder Brokkoli und Rosenkohl mit Gemüsebällchen und Reis. Mein Jüngster verdreht die Augen. Das Abendessen ist ihm eindeutig zu grün. Er greift nach den Spaghetti von gestern und schmiert sich Pesto drauf – immerhin auch grün. „Wann gibt´s mal wieder Buletten?“, fragt der Junge, der sich seit 13 Jahren eigentlich nur von Nudeln und Kochschinken ernährt.

Dann wechselt er schnell das Thema und redet von der Schule. Immer noch besser, als sich von seinem Vater wieder den Vortrag anzuhören, wie schlecht Fleisch fürs Klima ist, wie auch Bio-Tiere leiden und warum es bei uns eher weniger Fleisch und Wurst gibt. Gern zitiere ich dann die alte Binsenweisheit: „Wenn alle so leben wollten wie wir in den reichen Ländern, dann bräuchten wir drei Erden.“

Dieses Argument zieht nun wohl nicht mehr. Demnächst können alle so leben wie wir. Oder noch schlimmer. Wissenschaftler der Europäischen Südsternwarte Eso haben nur 40 Lichtjahre entfernt – im Universum ist das praktisch um die Ecke – Planeten entdeckt, die der guten alten Erde „verblüffend ähneln“. Vielleicht sogar mit Wasser, wenn wir dem Weltraumteleskop „Trappist“ in Chile glauben.

Planeten verplant: Für Schweine, Windräder, Industrie

Rund um „Trappist 1f“ drängeln sich gleich sieben Planeten. Sie warten praktisch schon auf die Migranten von der Erde und passen gerade ihre Asylgesetze an. Und wir haben die sieben neuen Erden praktisch schon verplant. Die UNO hat entschieden, dass wir unsere gute alte Terra als Premium-Segment behalten und die neuen Kolonien für alles nutzen, was hier unten stört.

Mindestens einer wird der Planet der Schweine: Wir lagern Gülle und Ställe und Schlachthöfe einfach noch weiter in unbewohntes Gebiet aus als nach Vechta. Wenn Platz ist, schicken wir auch die Rinder, Hühner und Puten mit zum Schweineplaneten.

Dann kommt der Planet der Schwerindustrie. All die Stahl- Zement und Chemiefabriken befreien wir von all der Regulierung. Auf Trappist-3f können sie sich ihre eigene Atmosphäre aus Quecksilber, Ammoniak und Schwefeldioxid zusammenmixen.

Es folgt der Planet der Windräder. Schluss mit den Debatten um Abstandsregeln und Mopsfledermäuse. Schon gibt es Debatten, ob wir auf der dunklen Seite dieses Planeten unser atomares Endlager „GorlebenStar“ bauen sollten. Und ob ein paar alte Atom- oder Kohlekraftwerke da eigentlich stören.

Den wärmsten und gemütlichsten Trabanten machen wir zum Landlust-Planeten. Weizen, Roggen, Soja, alles wird im Überfluss gepflanzt. Ein paar Ozeane voller Fischstäbchen sind ebenfalls geplant.

Nummer Fünf wird der Rohstoff-Planet. Wenn Laura Dahlmeier so weiter macht, brauchen wir einen eigenen Stern für Gold, Silber und Bronze. Nur seltene Erden gibt es da nicht. Und der wässerigste Himmelskörper wird zum Trinkwasserplaneten.

Wie wir das ganze Zeug zur Muttererde bekommen, das fällt uns schon noch ein..

Ganz wichtig ist der Reserve-Planet. Der wird nicht verplant, sondern als letztes Rettungsboot geschont. Falls wir trotzdem nochmal irgendwo neu anfangen müssen.

Und das ist ja leider wahrscheinlich. Denn bei unserer Planung fehlen uns mindestens noch ein Müll-Planet, ein Autofahr-Planet und ein unberührter Wildnis-Planet. Angemessen wäre auch ein Trappisten-Planet: Nach Vorbild des Schweigeordens der Trappistenmönche müssten da einfach alle rund um die Uhr die Klappe halten.

Also: Weitersuchen. Bei verdoppelter Buletten-Ration.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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