WM-Affäre 2006: Aufgeplusterte moralische Instanz

Der Deutsche Fußball-Bund kann Bestechung nicht ausschließen. Eine dubiose Zahlung soll dennoch steuerlich geltend gemacht werden.

DFB-Präsident Grindel grüßt

Alles bestens: DFB-Chef Reinhard Grindel spricht viel von der Integrität des Sports Foto: dpa

Wer wollte denn im Ernst die Gemeinnützigkeit des Fußballs in Frage stellen? Das können doch allenfalls solche Pfennigfuchser wie die Steuerfahnder vom Finanzamt Frankfurt tun. Zumindest für das Jahr 2006 beabsichtigen sie dem Deutschen Fußball-Bund die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, weil dessen Steuererklärung damals ein wenig zu kreativ ausgefallen sein soll.

Bislang hat der DFB mit Hilfe der Kanzlei Freshfield ja aufgeklärt, dass die zentralen Merkwürdigkeiten rund um die WM 2006 nicht aus eigenen Kräften aufzuklären sind. Dieses Ermittlungsergebnis präsentierte man nach außen als große Leistung – als ein Zeichen neuer Stärke. Zum einen weil sich der Verband die ermittelte Unkenntnis sehr viel Geld kosten ließ, zum anderen weil man die ermittelte Unkenntnis als Beleg dafür deutete, dass man nicht von einer gekauften WM sprechen könne.

Dass diese vermeintliche Stärke eine Schwäche ist, haben nun die Frankfurter Steuerfahnder vorgeführt. Die bis heute vom DFB vertretene Position, dass man im Vorfeld der WM 6,7 Euro Millionen an die Fifa zahlen musste, um dafür noch viel mehr Geld von der Fifa zurückzubekommen, mögen gutgläubige Menschen als eine schrullige Laune des Schicksals abtun, Finanzexperten mit fundierten Korruptionskenntnissen sind indes mit deutlich weniger Fantasie ausgestattet.

DFB ist wieder hoch zu Ross unterwegs

Für den DFB ist das eine unbequeme Nachricht, auch wenn letztlich die Gerichte über die Forderung der Steuerfahnder entscheiden müssen. Das Unaufgeklärte wird wieder zum Thema: die fehlenden Ergebnisse, die verschwundenen DFB-Akten, die verweigerten Aussagen von DFB-Funktionären – ausgerechnet jetzt, da man die Bewerbungsunterlagen für die EM 2024 auch offiziell eingereicht hat.

Gerade jetzt, da der Verband wieder dabei ist, sich als moralische Institution aufzuplustern. Gerade jetzt, da DFB-Funktionäre diese Woche entschieden, dass die auf ein Plakat gepinselte Fanbotschaft „Scheiß Red Bull“ nicht mehr als Meinungsäußerung durchgehen kann, sondern mit 1.500 Euro Bußgeld vom Chemnitzer FC abgegolten werden muss. Gerade jetzt, da DFB-Präsident Reinhard Grindel „Spielmanipulation und Doping zu den größten Bedrohungen der ethisch-moralischen Grundwerte im Sport“ zählte und den Schutz der Integrität des Sports anmahnte. Man ist wieder hoch zu Ross unterwegs beim DFB.

Von außen betrachtet passt all das nicht gut zusammen. Die ersten Reaktionen der DFB-Funktionäre auf die Forderungen des Frankfurter Fiskus verdeutlichen, dass DFB und Demut sich wie Feuer und Wasser verhalten. Man will die 6,7 Millionen Euro, die letztlich auf einem Konto des Fifa-Funktionärs Mohamed bin Hammam in Katar landeten, weiter von der Steuer als Betriebskosten absetzen, obwohl Grindel schon vor dem Bundestag eingeräumt hat, man wisse nicht, welchem Zweck die Zahlung diente.

Die Reaktionen der Funktionäre verdeutlichen, dass DFB und Demut sich wie Feuer und Wasser verhalten

Über 15 Millionen Euro Steuern müsste der DFB im ungünstigsten Fall nachzahlen. Franz Beckenbauer und sein Intimus Fedor Radmann sollen im Zuge der WM-Bewerbung 2006 über acht Millionen Euro Honorare kassiert haben. Wer will denn im Ernst an der Gemeinnützigkeit des Fußballs zweifeln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.