Die Uni verliert an Profil: „Entwicklungsschub fehlt“

Die Uni-Rektor will zwei Exzellenzprofessuren für Kulturgeschichte Ostmitteleuropas nicht verlängern. Eine Petition soll das noch verhindern.

Prager Uhr

Prags Zeit in Bremen ist abgelaufen Foto: Creative Commons

BREMEN taz | Nach drei Jahren soll an der Uni Bremen schon wieder Schluss sein mit der Kulturgeschichte Ostmitteleuropas. Eine seit Herbst 2013 bestehende Professur mit dem Schwerpunkt auf der Geschichte der ehemaligen Tschechoslowakei wird nicht verlängert. Auch die Juniorprofessur für polnische Geschichte soll eingestellt werden. Die Universitätsleitung begründet den Schritt in einem Schreiben an eine der betroffenen Professorinnen damit, dass sich „kein starker Entwicklungsschub oder eine besonders sichtbare Bedeutung für das Universitätsprofil feststellen“ lasse.

Die aus der Exzellenzinitiative des Bundes finanzierten Stellen waren beide befristet und sollten nach einer erfolgreichen Evaluation verstetigt werden. Martina Winkler, die die Exzellenzprofessur für Kulturgeschichte Ostmitteleuropas noch innehat, ist enttäuscht über die Entscheidung des Rektors der Universität. Im Februar habe die Universitätsleitung ihr für ihr Engagement in der Lehre und zu ihren Publikationen gratuliert. Bleiben dürfe sie dennoch nur bis zum Vertragsende im Oktober 2018.

Winkler selbst kann die Begründung vom Rektorat nicht nachvollziehen. In den vergangenen Jahren sei durchaus einiges passiert: „Meine MitarbeiterInnen und ich konnten erfolgreich Drittmittel einwerben und uns international gut vernetzen“, so die Direktorin des Instituts für Geschichtswissenschaft. Viele KollegInnen aus Tschechien und den USA hätten Gastvorträge an der Universität gehalten und hielten die Forschungsstelle Osteuropa für sehr wichtig. Auch seien durch die Drittmittelförderung die Schaffung einer Postdoktoranden- und zweier Doktorandenstellen möglich. Das zeige, „dass eine starke Entwicklung stattgefunden hat“, findet Winkler.

Die Bremer Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck bezeichnete die Streichung der Professuren für polnische und tschechische Geschichte als einen „Fehler“. „Die Universität Bremen mit dem weltweit einmaligen Archiv der Forschungsstelle Osteuropa genießt wegen ihrer Osteuropaexpertise einen exzellenten Ruf“, so Beck. Diesen drohe die Uni „zu verspielen“.

Der Universitätsleitung genügen Winklers Bemühungen dennoch nicht. Der Beitrag zur Profilbildung sei nicht ausreichend. Was Winkler und ihre KollegInnen hätten anders machen sollten, dazu bekam die taz keine Auskunft. Winkler kann die Haltung der Universität nicht verstehen: Im Rahmen der Exzellenzinitiative sollten die Geisteswissenschaften gestärkt werden, nun werde der Schwerpunkt Ostmitteleuropa links liegen gelassen. „Die Forschungsstelle Osteuropa hat eine lange Tradition“, so Winkler. Mit dem neuen Schwerpunkt auf Ostmitteleuropa, insbesondere zur tschechischen und slowakischen Geschichte habe die Uni ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

Einzigartige Ausrichtung

Mit der einzigartigen Ausrichtung von Winklers Professur begründen auch ihre wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, dass sie bleiben müsse. Auf der Petitionsplattform change.org sammeln zwei MitarbeiterInnen Winklers Unterschriften, die sie dem Rektor und dem Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften vorlegen wollen.

Die am Montag gestartete Petition hatte am Mittwoch bereits 333 UnterstützerInnen. Neben WissenschaftlerInnen aus den USA, Frankreich, Dänemark, Israel und Tschechien plädieren auch Bremer Studierende für den Erhalt der Professur. „Diese Professur steht wie keine zweite im Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bremen für eine enge Verknüpfung von Forschung und Lehre“, so Philipp Mangels, studentischer Vertreter des Studiengangs Geschichte.

Eine Streichung dürfe nicht das Ziel einer Universität sein, die den Anspruch habe, forschendes Lehren und Lernen zu fördern, heißt es in einer Stellungnahme der Studierendenvertretung.

Auch die Vorsitzende des Bremer Rates für Integration, Libuse Cerna, unterstützt die Petition. „Wenn Frau Winkler gehen muss, bedeutet das einen großen Verlust für das Land Bremen“, sagt Cerna. Winkler stehe für „lebendige wissenschaftliche Arbeit“. Tatsächlich ist sie mit dafür zuständig, dass der deutsch-tschechische Kulturfrühling außer in Berlin und München auch in Bremen einen deutschen Ableger hat: Unter dem schönen Titel „So macht man Frühling“ werden vom 27. April an tschechische Filme, Schauspielensembles und KünstlerInnen Bremens Stadtleben bereichern.

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