Streit um Schrottimmobilien: Neue Vorwürfe gegen Deutsche Bank

Ein Jurist hält die Käufer überteuerter Wohnungen für übervorteilt. Er will ihnen zu ihrem Recht verhelfen. Die Bank bezichtigt er des Prozessbetrugs.

Die Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt am Main

Eher keine Schrottimmobilie: die Türme der Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt am Main Foto: dpa

Hamburg taz Lug und Betrug – Rechtsanwalt Reiner Fuell­mich ist nicht zimperlich mit seinen Anschuldigungen gegen die Deutsche Bank. Er hat sie in mehreren Gerichtsverfahren erhoben. In einem Aufsatz, den er zusammen mit seinem Hamburger Kollegen Michael Bohndorf verfasst hat und der in der Fachzeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht VuR erscheinen soll, macht er der Großbank neue Vorwürfe.

Sie soll den tatsächlichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Abertausenden Fällen manipuliert haben. In mindestens 4.000 Fällen, so Fuellmich, wären die Darlehensverträge daher nichtig. Die Bank müsste eigentlich Rückzahlungen an die Darlehensnehmer von rund 100.000 Euro pro Person leisten.

Um viel Geld ging es bei den sogenannten Schrottimmobilien von Anfang an. In den Nachwendejahren war der Immobilienmarkt in den neuen wie alten Bundesländern heiß gelaufen. Schnuckelige Appartements galten als lukrative Geldanlage und solide Altersvorsorge. Für findige Geschäftemacher, Banken und Versicherer war der Immobilienboom ein gefundenes Fressen.

Ein typischer Deal ging folgendermaßen: A verkaufte ein Appartement in Düsseldorf zu einem – an den üblichen Marktpreisen gemessen – weit überhöhten Preis an ein Ehepaar in Rostock. Diese wollen die neu erworbene Bude – die sie sich vielleicht nicht einmal vor Ort anschauen – an Studenten teuer vermieten. Außerdem locken Steuervorteile und eine rasante Wertsteigerung der Immobilie, um sie in einigen Jahren noch weit teurer weiterzuverkaufen. Zur Finanzierung benötigt das in Immobilienthemen ahnungslose Paar noch einen Kredit. Den liefert A gleich mit: „Die Zeit drängt!“ Kreditgeber ist eine große Bank B. Deren damals noch makellose Reputation beseitigt die letzten Zweifel des Ehepaares. Damit auch B zu seinem Extragewinn kommt, schlägt man ein Drittel des Kaufpreises als angeblich marktübliche Provision obendrauf. Damit der schrottige Deal nicht als Koppelgeschäft juristisch leicht anfechtbar wird, schummelt man ein wenig bei den Vertragsdaten oder später vor Gericht.

Kaum vermietbare Bruchbuden

Viele Verbraucher klagen, als sie merken, dass ihr flottes Studentenappartement eine kaum vermietbare Bruchbude ist. Unter den Anbietern und Finanziers fremdgenutzter Eigentumswohnungen finden sich bekannte Namen wie Commerzbank und Dresdner Bank, HypoVereinsbank und Badenia. Das Geschäft mit den Schrottimmobilien boomte vornehmlich in den neunziger Jahren. Es ist aber bis heute nicht vom Finanzmarkt verschwunden.

Schätzungsweise 300.000 Eigentumswohnungen – häufig in schlechter Lage und innen marode – wurden an Anleger in ganz Deutschland verkauft. Seither hoffen die Sparer auf Hilfe durch die Justiz. Doch die meisten Urteile, auch vom Bundesgerichtshof (BGH), fielen gegen die Bankkunden aus.

Für Fachanwalt Fuellmich, seit Langem auf der Spur der Deutschen Bank, kein Grund zur Aufgabe. Für ihn erklären sich die Erfolge der Banken vor Gericht aus falschen Angaben, die sie gemacht hätten. Er wirft nun der Deutschen Bank „massenhaften – aktuell in Hunderten von Rechtsstreiten begangenen – Prozessbetrug“ vor. Die Deutsche Bank habe „systematisch die Gerichte über die Art und Weise und den Zeitpunkt des Vertragsschlusses belogen“. Diese Praxis setze sie fort.

Deutschlands größte Bank reagiert gewohnt wortkarg. Ein Sprecher weist die Vorwürfe als „unbegründet“ zurück. Die von Fuellmich genannte Zahl von 4.000 Fällen „entbehrt jeglicher Grundlage“. Ins Feld führt Fuellmich mehrere Verfahren vor Oberlandesgerichten. Jetzt könne es wie in den USA, wo die Deutsche Bank etwa 4 Milliarden Euro an Opfer von „Schrottimmobilien“ zahlen müsse, auch in Deutschland „zum Eklat“ kommen. Das OLG Oldenburg habe eine Beweisaufnahme wegen Falschaussage angeordnet, in anderen Gerichten liefen sie bereits. Mit Ergebnissen, heißt es am Oldenburger Gericht, sei sicherlich nicht vor der Sommerpause zu rechnen.

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