Proteste gegen ungarische Bildungsreform: Hände weg von unserer Uni

Viktor Orbáns neues Hochschulgesetz bedroht die liberale Central European University. In Budapest gibt es dagegen Proteste.

Protestierende mit Schilder im Freien

Proteste gegen Viktor Orbans neues Hochschulgesetz in Budapest Foto: reuters

BUDAPEST taz | Mithilfe eines sogenannten außerordentlichen Verfahrens möchte Ungarns Regierungskoalition innerhalb von 24 Stunden die umstrittene „Lex CEU“, die geplante Änderung des Hochschulgesetzes, durch das Parlament boxen. Am Montagvormittag rief Vizeministerpräsident Zsolt Semjén auf der Internetseite des Parlaments die Abgeordneten für Dienstag zur Schlussabstimmung auf. Für die Annahme des Gesetzes ist lediglich eine einfache Mehrheit nötig. Semjén begründet sein Vorgehen mit einem „dringenden Staatsinteresse“.

Das Gesetz würde den Betrieb der vom US-Milliardär George Soros, Sponsor zivilgesellschaftlicher Gruppen in zahlreichen Ländern der Welt, geförderten Central European University (CEU) in Budapest massiv einschränken. Ausländische Universitäten dürften nur noch dann in Ungarn einen Lehrbetrieb unterhalten und Diplome vergeben, wenn das Herkunftsland der Universität und das Zielland darüber einen Staatsvertrag abgeschlossen haben und die betreffende Institution auch in ihrem Herkunftsland einen Hochschulbetrieb unterhält. Die CEU ist die einzige Universität in Ungarn, auf die dies anwendbar wäre.

Ihr Rektor, der bekannte liberale kanadische Intellektuelle Michael Ignatieff, sieht in dem Gesetzentwurf einen eindeutigen Angriff auf seine Hochschule, weshalb er nach Washington gereist ist, um zu erwirken, dass diplomatisch Druck auf die ungarische Regierung ausgeübt wird. Am Montag veröffentlichte die New York Times ein Meinungsstück von ihm. Es sieht allerdings nicht so aus, als würde das die ungarische Regierung dazu bewegen, ihren Gesetzentwurf zurückzuziehen.

Am Sonntagabend kam es in Budapest zu einer Demonstration für die Universität. Die Studenten, Hochschulmitarbeiter und auch Ausländer hatten sich im Vorfeld in einer Face­book-Gruppe organisiert. Sie marschierten von der Corvinus-Universität über die Eötvös-Loránd-Universität und den CEU-Campus bis zum Parlamentsgebäude. Die Demonstrierenden forderten Freiheit der Wissenschaft und Demokratie.

„Ein paar Leute haben versucht, uns zu provozieren, aber wir müssen ruhig bleiben“, sagte Kumar, ein Student aus Indien neben dem Parlament. Greta, eine ungarische Studentin, ist an der CEU für Soziologie eingeschrieben. „Für mich ist es natürlich, hier zu sein“, sagt sie. „Ich möchte weiterstudieren und nicht in Sorge sein, dass die Universität, eine der besten der Welt, geschlossen wird.“ Wenn die Regierung ihren Gesetzentwurf nicht zurückziehe, dann werden die Studierenden jeden Tag auf die Straßen gehen, so Greta.

Die Sprecher der Facebook-Gruppe „Freedom for Education“ haben bereits angekündigt weiterzudemonstrieren, falls die ungarische Regierung nicht von ihrem Vorhaben absieht. Diese zeigt sich unbeeindruckt und lässt verlauten, dass das Gesetzesvorhaben sich nicht gegen die CEU oder Soros richte.

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