US-Milliardär George Soros: Ein Mann für viele Vorurteile

Seit den 90er-Jahren fördert George Soros Demokratieprojekte in Osteuropa. Für Autokraten ist er so zum Hassobjekt geworden.

Porträt George Soros

George Soros – Rechte und Nationalisten werfen ihm eine „globalistische“ Agenda vor Foto: reuters

BERLIN taz | Keine Privatperson engagiert sich derart prominent und mit einem vergleichbaren finanziellen Aufwand über Stiftungen in Osteuropa wie der US-amerikanische Milliardär George Soros. Dafür erfährt er jedoch bisweilen harsche Kritik und offenen Hass.

Der 1930 in Budapest geborene Investor hat angeblich direkt Einfluss auf die Gazeta Wyborcza, Polens größte Tageszeitung – eine erklärte Feindin der polnischen nationalkonservativen Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit). Eine von Soros finanzierte Stiftung habe 11,2 Prozent der Anteile des Agora-Verlags erworben, in dem auch die Gazeta Wyborcza erscheint, so die rechte polnische Internetplattform niezalezna.pl. Inwieweit tatsächlich Anteile erworben wurden, ist unklar.

In jedem Fall: Kommentatoren sind empört, sie beklagen den Einfluss des Demokratieförderers Soros. Auf Twitter etwa stellt eine Userin eine Verbindung zwischen Adam Michnik, Chefredakteur der Gazeta Wyborcza, und Soros her – zwischen den Zeilen klingt mit: Beide Männer sind jüdischer Herkunft und haben sich gegen Polen verschworen.

Dies ist eines der harmloseren Beispiele antisemitischer Diffamierungen von George Soros. Der Expremier Mazedoniens, Nikola Gruevski, spricht unverhohlen von einer „Desoros­isierung“ der Gesellschaft und möchte jegliche Arbeit von Stiftungen von Soros und solchen, die ihm nahe stehen, unterbinden. Vielfach ist der Milliardär ein Synonym für Nichtregierungsorganisationen im Allgemeinen, die autoritären Machthabern ein Dorn im Auge sind.

Der Expremier Mazedoniens, Nikola Gruevski, spricht unverhohlen von einer „Desoros­isierung“ der Gesellschaft

Die Förderung der offenen Gesellschaft speziell in den osteuropäischen Transformationsgesellschaften der 90er Jahre hat Soros sich früh auf die Fahnen geschrieben. Bereits 1984 wurde eine seiner Stiftungen in Ungarn aktiv. Kritik daran gab es immer, vor allem von Rechten und Nationalisten. Angeblich arbeite Soros gegen die nationalen Interessen von Staaten, er habe eine „globalistische“ Agenda, würde Identitäten zersetzen und den Osteuropäern etwas aufzwingen. Zuletzt wurde Soros sogar vorgeworfen, er wolle Europa mit muslimischen Flüchtlingen „überfluten“ und so an den christlichen Werten des Kontinents rütteln.

Kritik auch von linker Seite

Soros wird jedoch auch von Links angegangen. Der prominente slowenische Philosoph Slavoj Žižek sagt, der Finanzspekulant versuche, mit der einen Hand aufzubauen, was er mit der anderen zerstöre. Die Angriffe gegen die Central European University (CEU) in Budapest, gefördert und finanziert von Soros und dessen Open Society Institute, kommen nicht überraschend.

Neu ist jedoch der kleine Schritt von der Rhetorik hin zur aktiven Politik, der damit einhergeht, dass nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten ein neuer Wind aus Washington weht. Bisher hat das Weiße Haus democracy promotion betrieben. Trumps Haltung ist anders, auch hat er sich schmeichelhaft über europäische rechtspopulistische Politiker geäußert.

Für autoritäre Regierungschefs wie Viktor Orbán ist das eine Gelegenheit. „Man kann keine bessere Feindfigur finden“, sagte Jan Orlovsky, Chef der slowakischen Abteilung der Open Society Foundation der New York Times über Soros. Er bediene alle Vorurteile, mit denen man immer gelebt habe: Juden, Banker und – das gelte für die Slowakei – Menschen aus Ungarn.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.