Auf Drängen des IOC: Da geht nichts mehr!

Der Leichtathletik-Weltverband will die 50 km Gehen bei der WM 2019 aus dem Programm nehmen. Die Athleten beklagen fehlende Kommunikation.

Füße mit Turnschuhen

Der Geh-Stil ist für Zuschauer eher gewöhnungsbedürftig Foto: dpa

Die Stimme von Carl Dohmann klingt ruhig, obwohl es durchaus Beunruhigendes ist, was der junge Mann aus Baden-Baden zu sagen hat, zumindest aus Sicht eines Gehers. Denn wie jüngst und eher zufällig öffentlich wurde, sind Internationales Olympisches Komitee (IOC) und Internationaler Leichtathletik-Verband (IAAF) gerade in Begriff, Dohmanns Disziplin aus dem olympischen Programm zu streichen, zumindest seine Paradestrecke, die 50 Kilometer. Schon diesen Freitag könnte auf einer IAAF-Sitzung die Entscheidung darüber fallen.

Hintergrund ist das Bestreben des IOC, sein Programm einerseits zu entschlacken, um andererseits Platz für neue, trendige Sportarten zu schaffen. Entsprechend ist auch der Leichtathletikweltverband dazu aufgefordert worden, sein Programm zu überdenken. Die Leichtathletik ist schließlich olympische Kernsportart. Bei den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro wurden in den jeweiligen Disziplinen immerhin 47 der insgesamt 307 Goldmedaillen vergeben. Drei davon im Gehen, nämlich über 20 Kilometer bei Frauen und Männern sowie über die 50-Kilometer-Distanz, die allein den Männern vorbehalten ist. Auch Dohmann war bei dem dramatischen Rennen entlang der Copacabana am Start.

Dass nun ausgerechnet seine Paradedistanz auf der Streichliste steht, ist zumindest aus IOC-Sicht sogar einigermaßen logisch. Da es über die 50 Kilometer keinen Frauen-Wettbewerb gibt, widerspricht „die lange Kante“ dem olympischen Gebot der Gleichbehandlung zwischen Mann und Frau. Zudem ist eine Wettkampfdauer von rund vier Stunden nach IOC-Gepflogenheiten eigentlich zu lang für das olympische Programm, schon wegen der TV-Übertragung. Hinzu kommt, dass das Gehen zuletzt nicht unerheblich von der Dopingproblematik befallen war und der für Zuschauer eher gewöhnungsbedürftige Geh-Stil.

Carl Dohmann und seine Geher-Kollegen wissen um all diese Punkte. „Natürlich war uns bewusst, dass Gehen irgendwann einmal auf die Streichliste rutschen kann“, sagt der dreifache deutsche Meister im 50-Kilometer-Gehen. Letztendlich sorgt nicht die Tatsache dass, sondern wie die IAAF die Streichung offensichtlich vornehmen wollte, für Ärger und Unmut im internationalen Geher-Lager. „Die wollten das heimlich, still und leise über die Bühne bringen, ohne jede Diskussion“, sagt Dohmann. Putschartig quasi.

Offener Brief an IAAF und IOC

Auch der Kompensations-Vorschlag der IAAF-eigenen Geherkommission, die 20 Kilometer durch eine nur unwesentlich längere Halbmarathondistanz sowie die 50 Kilometer zumindest bei Weltmeisterschaften durch eine gemischte 4 x 5.000 Meter-Staffel zu ersetzen, stößt bei den Athleten auf wenig Verständnis, zumal beides schon bei der WM 2019 in Doha (Katar) umgesetzt werden soll. Das würde bedeuten, dass der 50-Kilometer-Wettbewerb bereits nächstes Jahr Geschichte wäre. Erstmals wurde der Lauf im Jahr 1932 ins olympische Programm aufgenommen.

Carl Dohmann, 50-km-Geher

„Die wollten das ohne jede Diskussion über die Bühne bringen“

„Eine so drastische Entscheidung darf nicht klammheimlich von einem Jahr aufs andere und ohne jede Diskussion getroffen werden. Sonst werden Tür und Tor geöffnet, weiteren olympischen Disziplinen in kürzester Zeit den Garaus zu machen“, heißt es dementsprechend in einer Petition, die der australische Geher Chris Erickson bei Facebook gestartet und die es binnen kürzester Zeit auf über 7.000 Unterschriften gebracht hat.

Zudem haben 77 Geher, die an den Spielen in Rio teilgenommen haben, bereits einen offenen Brief an IAAF und IOC gesandt, auch Dohmann hat ihn natürlich unterschrieben. „Wir fordern, das 50 Kilometer Gehen zumindest bis zu den Spielen 2020 in Tokio im Programm zu lassen und bei der Entscheidung über die Zeit danach eine offene Diskussion gemeinsam mit uns Athleten zu führen“, heißt es in diesem.

Ob die IAAF dieser Forderung nachkommen wird, könnte sich bereits diesen Freitag entscheiden. Allzu viel Hoffnung sollten sich das internationale Geher-Völkchen indes wohl eher nicht machen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.