Führungschaos in der AfD: „Hochstapler“ und „Dunkeldeutsche“

Michael Klonovsky, der frühere Berater von Frauke Petry, wendet sich von ihr ab. Marcus Pretzell sei ihr großer, intriganter Einflüsterer.

Pretzell (li.) und Petry, sitzend, vor blauem Hintergrund

„P&P“ haben immer weniger Freunde in der AfD Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Junge Freiheit ist wegen der laufenden Streitereien in der AfD in großer Sorge. Den Traum, rechts von der Union eine Partei zu etablieren, sieht Chefredakteur Dieter Stein zehn Tage vor dem Bundesparteitag gefährdet. „Statt sich auf den politischen Gegner und professionelle Arbeit zu konzentrieren, fließt ein Großteil von Energie und Zeit darin, verhasste Konkurrenten auszuschalten“, schreibt Stein und warnt, dass die Partei wegen der anhaltenden Konflikte und des unklaren Kurses bei der „Bundestagswahl zielgerichtet das Projekt 4,9 Prozent“ anstreben würde. Neuester Konfliktherd ist ein Brandtext von Frauke Petrys „Spin Doctor“ Michael Klonovsky – und seine Klagen über Marcus Pretzell.

Unter dem Titel „Bonnie und Clyde der AfD“ warnt der ehemalige langjährige Redakteur des Focus vor dem „unheilvollen Einfluss“ des Paares Frauke Petry und Markus Pretzell. Mitte vergangenen Jahres nahm die Bundessprecherin den Journalisten in ihr Team auf. Die Personalia sorgte für große Aufmerksamkeit. Wird Klonovsky doch wegen seiner pointierten und weit rechten Positionen gegen „Gender“, „Feminismus“ und „Political Correctness“ auch in konservativen Kreisen sehr geschätzt.

Hier gefällt, wenn er wie in der rechten Zeitschrift Compact Juni 2016 loslegt: „Nie in der deutschen Geschichte, die bösen zwölf Jahre ausgenommen, war es zugleich in einem solchem Grade wie heute möglich, Normalmenschen zu diskreditieren, zu beschimpfen, zu beleidigen, kollektiv herabzuwürdigen, wie in der späten Ära Merkel, wo jeder, der die unkontrollierte Masseneinwanderung nicht besiegheilbrüllt, als Dunkeldeutscher zum multimedialen Angegröltwerden freigegeben ist, so wie zuvor jeder EU-Skeptiker als Eurohasser, jeder Konservative als Dumpfdeutscher diskreditiert wurde.“

Zu der Kontaktanbahnung zwischen Petry und Klonovsky sagte der Journalist der taz im Mai 2016: „Ich bin auf Frau Petry, wie man sagt, zugegangen.“ So gehöre es sich doch auch: „Der Herr dient sich der Dame an.“ Mit dem Dienen ist es aber vorbei und auch mit der Höflichkeit.

Ein unseriöser Mensch

Die Bundessprecherin schien ihm „die talentierteste Politikerin innerhalb dieser Partei zu sein“, schreibt er ein Jahr später auf seinem Blog und schiebt gleich nach: „Ich habe mich geirrt. Ich habe mich über Monate selbst irregeführt.“ Wem das Schicksal der Partei am Herzen läge, dürfte diese Frau nicht unterstützen. Der Grund des Gesinnungswechsels: „Marcus Pretzell, ihr Ehemann“.

Der AfD-Europaabgeordnete und Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen sei „eine Hochstaplerfigur, ein unseriöser Mensch mit krankhaftem Drang zur Intrige und zum Schüren von Konflikten, ein Hasardeur“, wettert Klonovsky und behauptet: Nach seiner Erfahrung setze „Petry politisch kaum einen Fuß vor den anderen, ohne sich mit Pretzell abzustimmen“. Und er klagt weiter: „Wenn Entscheidungen der Parteichefin am Küchentisch oder im Ehebett vorbereitet werden, mag das pikant sein, wäre aber an sich noch kein Grund, ihr die Gefolgschaft zu kündigen. Das Problem ist, dass Frauke Petry den Filou, dessen Kind sie unter ihrem Herzen trägt, für ein politisches Genie hält.“

Eros sei unbeherrschbar und schlüge die Menschen mit „der süßesten aller Blindheiten“, schreibt er weiter und betont: „Ich vermag die persönliche Tragik dieser Konstellation nachzuempfinden. Doch so sehr ich als Literat für solch liebevolle Verblendung empfänglich bin, so rigoros muss ich sie als politischer Berater ablehnen.“ In dem Text hält er „Bonnie und Clyde“ auch vor, bei wichtigen Hintergrundgesprächen alleine über ihre internen Machtkämpfe zu sprechen. Das „fidele Duo“ würde nur in Freund-Feind-Kategorien innerhalb der Partei denken, sie seien jedoch „die Hauptverantwortlichen dafür, dass sich die AfD im ständigen Modus der Selbstzerfleischung befindet“.

Arbeitsrechtliches Nachspiel

Die fundamentale Kritik von Klonovsky könnte auch einen finanziellen Auslöser haben. Kaum hatte er am 1. Juni 2016 seine Tätigkeit bei Petry aufgenommen, soll unklar gewesen sein wie die Bezahlung laufen sollte. Klonovsky hält Pretzell nun vor, ihm für die Dienste von „Juli bis Dezember 2016“ 24.000 Euro zu schulden. Dieser „Blender und Spaltpilz“ habe mit ihm einen Arbeitsvertrag geschlossen, aber nicht gezahlt.

In einem Video widerspricht Pretzell auf seiner Facebook-Seite dieser Darstellung. Ein Arbeitsvertrag sei nie zustandengekommen, auch „weil Herr Klonovsky vergessen hat, einige Angaben zu machen“. In München hat Klonovsky nun Klage beim Arbeitsgericht eingereicht. Bei der Staatsanwaltschaft Bochum wurde zudem eine Strafanzeige gegen Pretzell gestellt, da dieser keine Sozialversicherungsbeiträge für Klonovsky entrichtet haben soll. Dieser Streit flankiert jedoch nur Klonovskys Warnungen vor Petry, die die Partei nicht einigen würde.

Klonovsky sehnte sich schon lange nach einer parteipolitischen Alternative zur Union. Bereits 2010 hatte er im Focus festgestellt, dass es „in Deutschland in den grundlegenden Fragen keine Opposition mehr“ gebe und betont: „Nie war die Zeit für die Gründung einer konservativen Alternative zur CDU günstiger als heute. Während den Etablierten die Wähler weglaufen, kann sich jeder Fünfte vorstellen, eine solche Partei zu wählen.“

Für den kommenden AfD-Parteitag hoffte Klonovsky nun, dass „das Pretzell-Drehbuch erkannt werde, nach dem sich Petry in der Öffentlichkeit als Garant gegen einen ‚Rechtsruck‘“ in der Partei inszeniere. Doch „Pretzell ist so wenig bürgerlich wie Björn Höcke“. Er weist darauf hin: „Alle wichtigen Themen, alle guten Konzepte der AfD existieren vollkommen unabhängig von P&P. Sie existieren sogar ganz ohne sie.“ Und er schließt mit der Empfehlung: „Frau Petry sollte sich in die zweite Reihe zurückziehen.“ Wen er aber in gern in der ersten Reihe sähe, lässt Klonovsky vorerst offen.

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