„About Blank“-Leute über ihren Club: „Kein Riesen-Rave“

Der Berliner Laden „About Blank“ feiert 7. Geburtstag – ein Gespräch mit den Macher*innen über tanzende Kultursenatoren, Feminismus im Club und Einheitslohn.

Blick auf eine Menschenmenge vor einer Outdoor-Konzertbühne bei Nacht

Hier zappelt der Berliner Kultursenator: Garten des „About Blank“ Foto: Bastian Bochinski/About Blank

Ein heruntergerocktes Haus mit schmutziger grauer Fassade direkt am Ostkreuz. Hier residiert das „About Blank“, das nun seinen 7. Geburtstag feiert. Interviews mit den BetreiberInnen sind rar, zum Jubiläum spendieren sie eins. Die beiden Interviewten – ein Mann und eine Frau – wollen für das gesamte Club-Kollektiv sprechen und nicht mit Namen genannt werden.

taz: Sieben Jahre gibt es Ihren Club jetzt – und die kleine „Autonomendisko“, wie Sie sie nennen, ist einer der angesagtesten Clubs der Stadt geworden. Wie konnte das passieren?

About Blank: Vieles haben wir wohl richtig gemacht – wir sind zum Beispiel step by step gewachsen, das war eine behutsame Entwicklung. 2009 haben wir die Räume angemietet, dann haben wir alles auf Do-It-Yourself-Basis nach und nach aufgebaut. Wir haben aber auch viel Glück gehabt. Eine glückliche Fügung ist es, dass über dieser Gegend wie ein Mentekel immer noch der Bau der A100 schwebt – solche ungeklärten Situationen sind für Orte wie uns ideal, denn so investiert hier niemand. Sollte das Projekt Autobahn irgendwann politisch beerdigt werden, wird auch eine rot-rot-grüner Senat hier nicht die Kulturprojekte erhalten – da machen wir uns keine Illusionen.

Aber Sie haben doch einen guten Draht in die Berliner Kulturpolitik – man hört, der Kultursenator geht bei Ihnen tanzen.

Der ist dem Laden verbunden, ja. Und das ist absolut positiv, es gibt da eine politische Nähe und Überschneidungen – er kritisiert etwa auch den Kapitalismus im Kulturbetrieb und im Allgemeinen. Gleichzeitig sind wir aber auch ein Kollektiv, dass sich aus der autonomen HausbesetzerInnenszene heraus entwickelt hat, also aus einer linksradikalen Bewegungsecke heraus und damit auch ziemlich klar auf Distanz zu politischen Parteien und institutioneller Politik.

Was ist im „About Blank“ anders als in den zirka 597 anderen Clubs in Berlin?

Viel! Wir sind als Kollektiv aus 11 Leuten organisiert, und es gibt es gibt einen linken politischen Überbau. Wir haben etwa eine klare feministische Ausrichtung und achten darauf, dass davon immer mindestens die Hälfte des Kollektivs und in den Arbeitsbereichen Frauen sind. Auch in vermeintlich untypischen Arbeitsbereichen: wir haben Türsteherinnen, Technikerinnen und Night Managerinnen; Night Manager oder ChefInnen vom Dienst sind die, die für die Clubnacht verantwortlich sind. Auch im Booking war uns von Beginn an wichtig, Female Acts viel Raum zu geben. Und bei uns gibt es eine hohe Sensibilität gegenüber sexistischen Verhaltensweisen. Was uns außerdem ziemlich stark von anderen unterscheidet ist, dass wir hier nicht profitorientiert arbeiten: Alles, was erwirtschaftet wird, geht zurück ins Projekt.

Kollektiventscheidungen sind zäh und schwierig – wie viel kann man denn als Gruppe entscheiden?

Vom 28. April an feiert das About Blank (Markgrafendamm 24c, Friedrichshain) bis in den 1. Mai hinein Jubiläum.

„Endlosrave, Kinderdisco, Sektempfang, Punkinferno, Filmchenhalle und Gartenkonzerte“ versprechen die Macherinnen und Macher unter anderem.

Es spielen Bands wie die Doom-HipHop-Punk-Band Nervöus, Underground-Legende Knarf Rellöm ist zu Gast, ebenso Kobito mit elektronischem Sound aus dem Audiolith-Kosmos. Hinter den Plattentellern und Laptops stehen unter anderem Resident DJ Resom, Helena Hauff und Lena Willikens.

Alle Infos: aboutparty.net

Wir haben den Ansatz einer hohen Teilbereichsautonomie, der ganze Bereich Tür ist zum Beispiel als Unterkollektiv selbst organisert, dort kann vieles eigenständig entschieden werden. Und es gibt eine hohe Bereitschaft, schnell und transparent zu arbeiten. Wir wollen nicht alles immer und immer wieder diskutieren.

Haben Sie auch einen Einheitslohn?

Ja. Egal, welche Position jemand einnimmt, ob nun Night Manager, Reinigungs- oder Tresenkraft – er oder sie bekommt den gleichen Lohn. Unsere Wertschätzung soll sich nicht in unterschiedlichen Löhnen ausdrücken. Im Bereich Booking stoßen wir da an Grenzen. Unsere Headliner bekommen wir nicht dazu, für unseren Einheitslohn aufzutreten.

Ein kleiner Club mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten sind Sie dennoch. Und trotzdem spielen international gefragte DJs wie Helena Hauff und Lena Willikens mal eben so zum Jubiläum Ihres Clubs – wie kommt das?

Bei Helena Hauff ist es vielleicht so, dass sie eine Verbundenheit zu diesem Ort hat. Sie ist ja im befreundeten Golden Pudel Club in Hamburg, den es derzeit leider nicht gibt, bekannt geworden. Bei uns hat sie auch gespielt, bevor sie so bekannt wurde. Sie hat mit uns die feministische Positionierung gegenüber dem Business gemein, wir stehen uns politisch nahe. Bei ihr geht es auch um Musik als eine Form von Empowerment.

Hat sich das Publikum mit den Jahren gewandelt?

Wir haben nach wie vor ein linkes Stammpublikum, es herrscht eine familiäre Atmosphäre. Trotz eines gewissen Hypes gibt es hier noch eine gute Grundstimmung, einen guten Vibe. Neue Gruppen kommen hinzu, und die fügen sich gut in das, was hier existiert. Wir haben hier auch nicht so viel Laufkundschaft wie es sie auf dem RAW-Gelände gibt. Dort torkeln große Gruppen, die bei einem Laden abgewiesen werden, direkt in den nächsten. Dieses Problem haben wir hier nicht. Außerdem wissen die meisten, dass das „About Blank“ ein linksradikal betriebener Laden ist. Leute, die das irgendwie schwierig finden oder die damit nicht klarkommen, bleiben weg.

Wie hoch ist eigentlich Ihre Kapazität?

Wenn der Garten geöffnet ist, können es bis zu 800 Besucherinnen und Besucher sein. Im Haus haben wir eher kleine Räumlichkeiten, unter der Woche haben wir dort Veranstaltungen mit 200 bis 300 Leuten. Bei uns gibt es keinen Riesen-Rave. Im Vergleich zu unserem großen Bruder, dem Berghain, haben wir natürlich eine geringe Kapazität.

Ist das Berghain ein Vorbild?

Das nicht, aber es gibt eine gewisse gegenseitige Sympathie. Das Berghain hat ja auch subkulturell angefangen und verteidigt nach wie vor mit einer imposanten Trutzburgigkeit kulturelle Prämissen. Was wir auch gut finden: Es geht im Berghain um die Musik und um qualitativ hochwertiges Booking. Das Erleben dieser Musik steht im Vordergrund, nicht das Event. Das zeigt sich auch am Umgang mit den Residents in beiden Läden, an der Wertschätzung von musikalischer Qualität und Nachwuchsförderung. Wobei wir auch hier wieder eine klare feministische Agenda verfolgen, die etwa unsere Residents Resom, Silva Rymd oder auch Natascha Kann verkörpern.

Vereinnahmungen können aber auch von vermeintlich richtiger politischer Seite gefährlich sein. Sind Sie von bestimmten Gruppen vereinnahmt worden?

Bisher eigentlich nicht. Wir sind dem gut ausgewichen, glaube ich. Ich glaube, da besteht wenig Gefahr.

Welches waren Ihre Highlights in 7 Jahren Blank?

Meistens die Sachen, mit denen man am wenigsten rechnet. Zum Beispiel hat sich samstagnachmittags zu einem eigentlich unmöglichen Party-Zeitpunkt die tolle „Staub“-Reihe entwickelt. Ansonsten gilt: Das Beste kommt erst noch.

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