Verzicht auf Facebooks Instant Articles: Schnell, sonst ist der Leser weg

Diverse populäre Medien wollen bei Facebooks Instant Articles nicht mehr mitmachen. Ist das Feature des Online-Netzwerks damit gefloppt?

Mann in Ritterkostüm mit Smartphone in der Hand

Ewigkeiten warten, dass sich die Seite lädt – nicht jedermanns Sache Foto: dpa

Keine Facebook-Funktion hat unter JournalistInnen für so viel Nervosität gesorgt wie „Instant Articles“. Als der Konzern das Feature 2015 vorstellte, warnten viele: Facebook könne Verlage von sich abhängig machen. Nun ist eine Reihe von prominenten Zeitungen ausgestiegen. Manche raunen daher schon, „Instant Articles“ sei ein Flop. Doch während die einen Schadenfreude zeigen, arbeiten andere längst daran, das Feature weiterzuentwickeln.

Instant Articles geht so: Statt Links zu ihren Artikeln zu posten, stellen Medien ihre Texte direkt auf Facebook. NutzerInnen können die Texte dann in ihrer Timeline lesen und sparen sich den Umweg auf die Homepage des Mediums – sprich Ladezeit.

In der flatterhaften Netzwelt können Sekundenbruchteile entscheidend sein. Die Verlage erhöhen so die Reichweite ihrer Inhalte. Zudem erhalten sie bei Werbung, die Facebook in dem Instant Article platziert, 70 Prozent der Einnahmen. Oder aber sie schalten selbst Werbung und erhalten 100 Prozent.

Zuletzt haben aber immer mehr englischsprachige Medien erklärt, dass sich die Kooperation wirtschaftlich nicht lohne. Unter anderen stiegen die New York Times, Cosmopolitan, Forbes und der Guardian bei Instant Articles wieder aus. „Unser Ziel ist, NutzerInnen in die vertraute Umgebung des Guardian zu bringen, um engere Beziehungen zu ihnen aufzubauen“, begründete ein Guardian-Sprecher den Schritt gegenüber dem Portal Portal Digiday.

Heißt übersetzt: Wir wollen die Kundschaft an unsere Marke binden und tun das lieber auf unseren eigenen Seiten. Denn Instant Articles erhöhen zwar die Reichweite der Texte, locken die NutzerInnen aber nicht auf die Homepage des Mediums. User gewöhnen sich daran, von Text zu Text zu springen, ohne sich irgendwo niederzulassen. Für Onlinemedien, die auf Werbeeinnahmen und Homepagetraffic angewiesen sind, ist das fatal.

Entgegenkommen an die Verlage?

Wer in Facebook vor allem Konkurrenz sieht, für den sind Instant Articles deshalb nichts anderes als ein Eigentor. So twitterte FAZ-Digitalchef Mathias Müller von Blumencron zum Ausstieg des Guardian: „Facebook verliert weiteren Top-Verlag. Instant Articles an den Konzern zu verschenken macht schlicht keinen Sinn.“ Die FAZ hat sich, wie auch die Süddeutsche Zeitung, bisher nicht an dem Facebook-Feature beteiligt.

Andere deutsche Medien haben begonnen, das Feature zu ihrem Nutzen umzugestalten. Bild.de bewirbt inzwischen auf Instant Articles nicht mehr irgendetwas, sondern seinen eigenen Bezahlzugang „Bild plus“. Auch Zeit Online befindet sich mit Facebook im Gespräch darüber, wie sich die neue Bezahlmöglichkeit „Z+“ direkt in Instant Articles anpreisen lässt, sagt der Stellvertretende Chefredakteur, Martin Kotynek.

Die Idee: Wenn Facebook-LeserInnen schon nicht auf die eigene Seite geleitet werden, warum dann nicht gleich versuchen, sie als AbonnentInnen zu werben? Wichtig dabei: Auch der Aboabschluss muss möglichst schnell funktionieren. Bei Bild.de braucht er inzwischen nur drei Schritte. Ein Prinzip, das die Washington Post übernommen hat.

Erstaunlich ist, dass hier offenbar die Verlage Facebook in die Pflicht nehmen, sein Feature an ihre Bedürfnisse anzupassen – während der Social-Media-Riese sonst die Medienwelt eher vor sich her treibt. Dass sich große Namen von Instant Articles abgewendet haben, wird Face­book unter Druck setzen, den verbleibenden Verlagen stärker entgegenzukommen.

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