Cyberkriminalität in Deutschland: BKA will Cybercops

Das Bundeskriminalamt warnt vor anwachsenden Cyberattacken. Viele präsentierte Zahlen bleiben schwammig.

Hände auf einer beleuchteten Tastatur

Das BKA will über Cyberkriminalität aufklären, verwendet aber schwammige Zahlen Foto: dpa

BERLIN taz | 2016 gab es rund 83.000 Fälle von Cyberattacken gegen deutsche Unternehmen oder Privatpersonen. Dabei entstand ein Schaden von über 51 Millionen Euro, sagt der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, am Mittwoch in Berlin. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl der Fälle 2016 um 80 Prozent.

Auf der „Cybercrime Conference C3“ in Berlin versucht das BKA zusammen mit weiteren Sicherheitsexperten die Frage zu beantworten, wie Strategien gegen die digitale Kriminalität aussehen könnten. Holger Münch meint, dass seine Behörde in punkto Präventivmaßnahmen keine Jugendmannschaft mehr sei, aber für die Champions League würde es noch nicht reichen.

Ermittler und Analysten bräuchten neben internationalen und interkulturellen Kompetenzen auch digitale. „Dem müssen wir bei der Fortentwicklung unseres Berufsbildes hin zu einem Cybercop Rechnung tragen.“ Münch will auch in Online-Netzwerken „auf Streife gehen“.

Auch Sandro Gaycken, Direktor des Digital Society Institute, sieht noch Defizite zur Bekämpfung der Cyberkriminalität. In der Bundesrepublik gäbe es nur 360 Cyberexperten, die häufig von großen Unternehmen engagiert würden, weil sie in der freien Wirtschaft mehr verdienen könnten. Im internationalen Vergleich hinge Deutschland noch ein paar Jahre hinterher, „aber dass ist keine Schande – das ist überall so“, sagt Gaycken.

Vor allem in der aktuellen Entwicklung der „Industrie 4.0“ stelle Cyberkriminalität ein immer ernstzunehmenderes Thema dar. Denn jeder, der einen Computer benutze, sei ein potenzielles Opfer, sagt Emily Haber, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium. Sie fügt hinzu, dass „die Komplexität und Kreativität der kriminellen Machenschaften atemberaubend ist“. Präventionsmaßnahmen bedürften eines enormen Know-Hows.

Doch es gibt auch Kritik an der Kriminalstatistik, die im April von der Polizei veröffentlichte wurde. Zum einen basiert sie lediglich auf Fällen, die von den Opfern angezeigt wurden – 90 Prozent blieben unentdeckt. Somit ergibt sich eine immense Dunkelziffer: das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt, dass es 2015 rund 15 Millionen Fälle von Cyberkriminalität gab.

Zum anderen seien die Zahlen in der Statistik unplausibel, findet Matthias Spielkamp, Leiter des Informationsportals „Mobil sicher“. Die polizeiliche Kriminalstatistik zur Cyberkriminalität sei ein großes Stochern im Nebel: „Wie soll beispielsweise die Telekom angeben, wie groß der Schaden war, nachdem ihre Server lahmgelegt worden sind? Die Daten sind alle ziemlich vage“, sagt Spielkamp. Weil die Definition von Cyberkriminalität so schwammig sei, plädiert Matthias Spielkamp dafür, es einfach beim Begriff der Kriminalität zu belassen.

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