Ökologisch erzeugte Lebensmittel: Verdächtiger „Bio“-Weizen im Ökobrot

Ein Händler aus der Slowakei lieferte 2000 Tonnen Weizen nach Deutschland – teils sogar, nachdem der Firma das Biosiegel entzogen worden war.

Ein Mähdrescher erntet ein Weizenfeld ab

Ist das bio? Ein Mähdrescher erntet ein Weizenfeld ab Foto: dpa

BERLIN taz | Verbraucher in Deutschland haben Öko-Lebensmittel aus rund 2.000 Tonnen Weizen gekauft, der möglicherweise gar nicht „bio“ war.

Das Getreide sei von Juli bis Dezember 2016 aus der Slowakei über Italien an fünf Firmen in Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Baden-Württemberg geliefert worden, teilte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) der taz mit. Dem Händler Stavtrend Team war Ende November das Biosiegel entzogen worden. Danach verkaufte er über einen Zwischenhändler noch 120 Tonnen nach Baden-Württemberg, so die BLE.

Der slowakischen Bio­Kon­troll­stelle Naturalis war aufgefallen, dass Stavtrend große Mengen Getreide, Ölsaaten und Hülsenfrüchte handelte. Diese kamen angeblich aus Rumänien und wurden dort von einer Kontrollstelle zertifiziert. Als Naturalis dort nachfragte, kamen Zweifel auf, dass die Transportpapiere echt waren. Händler Stavtrend erklärte laut Naturalis, alles sei nur ein Missverständnis. „Er zeigte jedoch bei Folgeinspektionen keine Dokumente und er ließ die Kontrolleure nicht auf das Grundstück, wo die Ware umgeschlagen wird.“ Am 25. November habe Naturalis der Firma das Biozertifikat entzogen. Die Aufsichtsbehörde von Naturalis „übergab den Fall der Polizei“.

Das Getreide ist bereits verarbeitet

Dennoch erfuhr die deutsche Bundesanstalt nach eigener Darstellung erst im März durch die italienische Regierung davon und informierte die zuständigen Bundesländer. Zu spät, um die Ware noch zurückzurufen. „Nach Feststellung der Kontrollstelle wurde der Weizen bereits im Jahr 2016 vermahlen, an Bäckereien ausgeliefert und vollständig verbraucht“, schrieb etwa das sächsische Landesamt für Landwirtschaft der taz. „Ein Schutz des Marktes durch behördliches Eingreifen in Baden-Württemberg ist nicht mehr möglich“, erklärte das Regierungspräsidium Karlsruhe.

Der Rückruf kam zu spät, das Getreide war verbraucht

Das Landesamt für Umwelt in Nordrhein-Westfalen war auch mehr als einen Monat nach dem Hinweis des Bundes nicht in der Lage, sich zu dem Fall zu äußern, obwohl hier laut BLE das Gros des Weizens landete: circa 1.700 Tonnen. Die Frage, ob die Behörden in NRW zu langsam auf Hinweise reagierten, ließ das Landesamt bis Redaktionsschluss der Version dieses Artikels in der gedruckten Ausgabe der taz vom 8. Mai unbeantwortet.

Erst nach Erscheinen des Textes bestätigte das Landesamt die an einen Abnehmer in NRW gelieferte Menge. Die Ware sei bei Bekanntwerden des Verdachts im März bereits verarbeitet gewesen. „Nach hier vorliegenden Informationen kommt der verarbeitete Weizen mit geringen Anteilen als Zutat in Verarbeitungsprodukte. Unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Verhältnismäßigkeit würde somit keine Dezertifizierung der Endprodukte erfolgen“, ergänzte die Behörde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.