Anhaltende Proteste in Venezuela: 18-jähriger Demonstrant getötet

Tausende Gegner des Staatschefs Maduro gingen erneut in Caracas auf die Straße. Sicherheitskräfte griffen zu harten Mitteln. Es gab hunderte Verletzte, ein Junge starb.

Ein Verletzter Demonstrant wird von Helfern weggetragen

Seit Anfang April wird in Venezuela massiv demonstriert Foto: reuters

CARACAS afp/ap | In Venezuela sind die Proteste gegen Staatschef Nicolás Maduro erneut eskaliert. Bei schweren Zusammenstößen mit der Polizei wurde am Mittwoch in der Hauptstadt Caracas ein 18-jähriger Demonstrant getötet. Die Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen gegen tausende Regierungsgegner vor, die gegen eine von Maduro angekündigte Verfassungsreform auf die Straße gingen. Seit Beginn der Protestwelle Anfang April wurden bereits 32 Menschen getötet.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft starb der 18-Jährige bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften im Osten von Caracas. Wie der Bürgermeister der Stadtbezirks Baruta, Gerardo Bylde, mitteilte, starb der junge Mann an einer schweren Nackenverletzung und Herzversagen.

In Caracas hatten sich am Mittwoch tausende Gegner des Staatschefs zu einem „Mega“-Protest versammelt, um gegen die von Maduro angestrebte neue Verfassung zu demonstrieren. Als die Demonstranten in die Innenstadt ziehen wollten, wo der Präsident gerade eine Rede vor tausenden Anhängern hielt, wurden sie von der Polizei und der Nationalgarde gestoppt.

Mehrere Demonstranten wurden von gepanzerten Fahrzeugen der Nationalgarde angefahren. Demonstranten warfen Brandsätze und Steine und zündeten Barrikaden an. Bei den Zusammenstößen geriet mindestens ein Demonstrant in Brand, wie Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurden insgesamt rund 300 Menschen verletzt, darunter auch zwei Abgeordnete der Opposition.

Verwirrung gab es auch um den inhaftierten Oppositionsführer Leopoldo López. Soziale Medien hatten berichtet, López sei in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Ursprung dafür war ein Tweet des venezolanischen Journalisten Leopoldo Castillo, der sagte, der Politiker sei von einem Militärgefängnis außerhalb der Hauptstadt Caracas zu einem Krankenhaus gebracht worden. Castillo gab später an, sein Twitter-Konto sei nicht gehackt worden und entschuldigte sich, die Informationen verbreitet zu haben. Gelöscht wurde der Tweet nicht. Im Staatsfernsehen wurden Bilder López' gezeigt, wie er in guter Verfassung hinter Gitterstäben in dem Gefängnis steht.

Maduro hatte am Montag angekündigt, eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Die 500 Mitglieder der Versammlung sollen demnach zur Hälfte aus gesellschaftlichen Gruppen wie Gewerkschaften stammen und nicht aus den politischen Parteien. Die Opposition spricht von „Verfassungsbruch“ und „Putsch“ und läuft Sturm gegen das Vorhaben.

Tag für Tag auf der Straße

In Venezuela gehen seit Anfang April Tag für Tag Demonstranten – Unterstützer und Gegner der Regierung – auf die Straßen und liefern sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Die Opposition kämpft für vorgezogene Parlamentswahlen und eine Volksabstimmung über die Absetzung des Staatschefs, dessen Mandat regulär im Januar 2019 endet. Maduro warf seinen Gegnern am Mittwoch einen „bewaffneten Aufstand“ vor.

Die Regierungsgegner machen Maduro auch für die schwere Wirtschaftskrise in dem ölreichen südamerikanischen Land verantwortlich. Die Inflation wird nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr auf 720 Prozent steigen. Die Versorgungslage ist dramatisch. Nahrungsmittel, Medikamente sowie Dinge des täglichen Bedarfs wie Toilettenpapier und Seife werden vielerorts knapp. Immer wieder gibt es Plünderungen.

In Umfragen sprechen sich mittlerweile 70 Prozent der Befragten gegen Maduro aus, der nach dem Tod seines Vorgängers Hugo Chávez 2013 die Staatsführung übernommen hatte.

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