Nach dem Anschlag in Großbritannien: London gedenkt, Polizei ermittelt

Während die Londoner nach dem Anschlag enger zusammenrücken, gibt die Polizei erste Informationen zu den drei Tätern bekannt.

Frau in Uniform, Mann im Anzug

Am Montag am Tatort: die Londoner Polizeichefin Cressida Dick und Bürgermeister Sadiq Khan Foto: reuters

LONDON taz | In der Nähe des Borough-Marktes genießt Vincent Garwood, in seiner Mittagspause eine Zigarette vor einigen Schnellimbissrestaurants. Borough Market, das war der Tatort des terroristischen Angriffs dreier Männer am Samstagabend. Borough Market, das ist auch der Ort, wo Garwood, ein 46-jähriger Manager im schicken Businessanzug, gern mal mit Freunden am Abend was trinken geht. Er lebt und arbeitet hier. „Was da passiert ist, ärgert mich, nicht nur die Terroristen, sondern auch die Tatsache, dass unsere Regierung in diesen Zeiten Polizeikräfte gestrichen hat.“

Beim letzten großen Angriff auf London im Juli 2005 arbeitete er zufällig am Tavistock Square, wo damals ein Bus durch einen Attentäter in die Luft gesprengt wurde. Jetzt ist es wieder passiert, aber die Londoner ließen sich nicht unterkriegen, beteuert er. „Sobald die Pubs wieder aufhaben, gehe ich zu Luigi auf den Borough Market, vielleicht schon morgen“, sagt er. „Ich will zeigen, dass wir uns unsere Art, zu leben, nicht nehmen lassen.“ Vincent hofft sehr, unterstreicht er, dass es nun keine Übergriffe auf Muslime geben wird, sondern dass die Attacke die Londoner vereint.

Drei Attentäter fuhren am Samstagabend Kleintransporter mit hoher Geschwindigkeit auf der London Bridge in eine Gruppe Passanten. Sie fuhren dann noch einige hundert Meter weiter ins Borough-Market-Viertel, einer um diese Zeit gut besuchten Gegend, wo die drei Männer mit langen Messern bewaffnet wahllos Menschen angriffen. Mehrere Augenzeugen haben berichtet, dass sie dabei riefen, dass ihre Taten „für den Islam, für Allah und für ihre Familie“ seien.

Einige der Leute versuchten die Angreifer mit Flaschen, Stühlen und Kisten aufzuhalten. Es dauerte acht Minuten vom ersten Notruf bis zu dem Moment, in dem die Londoner Polizei die Angreifer erschoss. Dabei wurde auch ein Zivilist verletzt. Die Attentäter trugen Westen, bei denen es sich aber um Attrappen von Sprengstoffwesten­ handelte.

Details über zwei Täter

Nach dieser Nacht des Terrors laufen in London die Ermittlungen der Behörden auf Hochtouren. Inzwischen sind der Polizei die Identitäten der Attentäter bekannt. Details gibt es zu zwei der erschossenen Täter. Demnach handelt es sich laut Polizei und Medien um einen 27-jährigen Trainer in Kampfsportarten, dessen Eltern Flüchtlinge aus Pakistan waren und der den Großteil seines Lebens in Großbritannien verbrachte, und um einen 30-Jährigen, der sich als Marokkaner oder auch als Libyer ausgab. Beide stammten aus Ostlondon.

Vincent Garwood

„Ich will zeigen, dass wir uns unsere Art zu leben, nicht nehmen lassen“

Der 27-Jährige hätte sich in den letzten Jahren zunehmend radikalisiert und wurde mehrfach den Behörden gemeldet. Im vergangenen Jahr soll er sogar in einer TV-Serie über militante Islamisten zu sehen gewesen sein. Er sei auch einer Moschee verwiesen worden sein, und er habe versucht, Kinder zu seiner Version des Islam zu bekehren sowie für den IS zu rekrutieren.

Angeblich wollte er außerdem nach Syrien auswandern, wurde aber von seiner Familie und aufgrund der Schwangerschaft seiner Frau aufgehalten. Er hatte darüber hinaus Kontakt mit dem britischen Rechtsanwalt und Salafisten Anjem Choudary, einem Hassprediger, der derzeit für sein Bekenntnis zum IS im Gefängnis sitzt.

Bei den Ermittlungen der Metropolitan Police und der Antiterroreinheiten wurden bisher zwölf Personen festgenommen, darunter sieben Frauen. Am Sonntag kam es zu weiteren Razzien, alle in Ostlondon.

Gedenkveranstaltung am Montag

Sieben Menschen wurden bei dem Attentat getötet, 48 wurden verletzt und 21 Personen befanden sich auch am Montag noch in kritischem Zustand. Vier der Verletzten sind Polizisten, einer davon stellte die Angreifer, obwohl er nicht im Dienst war, sie fügten ihm mehrere Stichwunden zu.

Bürgermeister Sadiq Khan hat am Montag an einer Gedenkveranstaltung in der Nähe des Tatorts teilgenommen. In einer Pressekonferenz mit der Polizeichefin Cressida Dick sagte er, dass er wütend und außer sich sei, dass die feigen und bösartigen Attentäter ihre Tat mit dem Glauben rechtfertigten, dem er auch angehöre. Diese Menschen hätten keinen Platz im Islam. Man lasse sich nicht einschüchtern und man lasse sich nicht den Lebensstil nehmen.

Cressida Dick gestand derweil ein, dass, obwohl fünf potenzielle Attacken verhindert wurden, die Antiterrorstrategie in allen Belangen, auch bezüglich der verfügbaren Ressourcen, überdacht werden müsse. Inzwischen wurden auf der London Bridge genau wie auf der Westminster Bridge Sicherheitsbarrieren errichtet, um Fußgänger vor Attacken gleicher Art zu schützen

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.