Die Wahrheit: Träume sind nicht mal Schäume

Nächtliche Eskapaden im Schattenreich des Schlafs? Von wegen! Meine Phantasmagorien sind fast so langweilig wie die meines Steuerberaters.

Nächtliche Träume sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Mit meinem Steuerberater geriet ich neulich in ein Gespräch darüber, als wir Termindruck, Prokrastinationstechniken und deren Widerhall im Unterbewussten beredeten. Ich erzählte von der geträumten Abiturprüfung, zu der man in der Schule erscheint und plötzlich merkt, dass man ewig nicht mehr am Kurs teilgenommen hat. Oder den Raum nicht finden kann. Oder das Gebäude.

Kennst du das auch, fragte ich ihn. Nein, sagte er, aber das klänge immerhin aufregend. Seine Träume seien dagegen ziemlich langweilig. Er träume zum Beispiel regelmäßig, dass er seine Wohnung streiche. „Das Schlimme ist“, sagte er, „ich wache frühmorgens auf, merke, dass ich noch nicht aufstehen muss, schlafe wieder ein und streiche weiter! Und am Morgen habe ich Rückenschmerzen.“

„Und es handelt sich bei den Beteiligten nicht um die Frauen aus dem feministischen Anstreicherinnenkollektiv bei uns im Kiez und beinhaltet doch eine erotische Komponente?“, fragte ich. Aber er verneinte. „Vielleicht musst du deine Wohnung wirklich renovieren, damit das Traum-Trauma ausgestanden ist“, schlug ich vor.

Ohnehin weiß ich nicht, wieso er sich beschwert. Es wären schließlich noch langweiligere Träume denkbar, zum Beispiel könnte man träumen, dass man ein Gartenfachmagazin liest. Oder im Parlament einer mittelgroßen Stadt bei einer kommunalen Konferenz zu Gast ist, die in einer skandinavischen Sprache abgehalten wird.

Überhaupt könnte man sich doch freuen, wenn die Wohnung wenigstens im Traum renoviert wird. Ich rassele stattdessen einmal im Jahr nachts durch die Abiprüfung, die Restnächte bestehen aus frühmorgendlichen Toilettenträumen. Nasszellen in allen Variationen, die japanischen Supertoiletten mit ihren Mätzchen sind nichts dagegen.

Nie träume ich von den Büchern, die ich lese, oder von den Charakteren auf Streamingportalen, auch wenn ich abends extra lange Serien schaue, anstatt zu schlafen. Ich träume weder von den Menschen, die ich liebe, noch von denen, die mir auf die Nerven gehen. Manchmal bin ich nicht sicher, ob das überhaupt meine eigenen Träume sind, die durch das alte Hirn flimmern. Vielleicht hackt sich auch nach Mitternacht jemand mit Mittlerer Reife und einer schwachen Blase ein.

Meine Sexträume halten sich leider ebenfalls in Grenzen, wenn man mal die überraschenden, unangebrachten und peinlichen Erlebnisse mit Menschen aus meiner Vergangenheit, mit denen ich mir damals nicht mal eine Dose Hansapils geteilt hätte, außer Acht lässt. Ein einziges Mal habe ich es geschafft, von einem Schauspieler zu träumen, in den ich zu jener Zeit verschossen war. Aber im Traum hatten meine Freundinnen ihn dafür bezahlt, mir schöne Augen zu machen, das war mir sogar in der Traumsituation unangenehm.

Einzige Chance auf ein amtliches Traumerlebnis scheint die nächstgelegene Opiumhöhle zu sein. Hoffentlich sind dort die Toiletten in Ordnung.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.