Ermittlungen zu Kinderporno-Ring: Die Insel der Unseligen

Nach Aufdeckung eines Missbrauchs­rings sind weltweit 14 Verdächtige identifiziert. Im Forum wurden sogar Szenen mit Kleinstkindern getauscht.

Ein Mann steht vor Mikrofonen

„Das Darknet schützt nicht vor Strafverfolgung“: BKA-Fahnder Markus Koths Foto: dpa

WIESBADEN taz | Für Cyberfahnder Markus Koths vom BKA geht von dem Fahndungserfolg der Aufdeckung des Kinderpornorings „Elysium“ ein klares Signal aus: „Auch die verschleierten und anonymisierten Strukturen des Darknets schützen nicht vor Strafverfolgung“, sagte er am Freitag in ­Wiesbaden.

Bei einer Pressekonferenz lieferten die Ermittler des Bundeskriminalamts und der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) weitere Details des Schlags gegen das Forum, dem sich seit Ende 2016 weltweit mehr 87.000 Nutzer angeschlossen hatten. Unter dem zynischen Namen „Elysium“, deutsch ‚Insel der Seligen‘, hatten seine Nutzer weltweit Kinderpornos ausgetauscht. Außerdem wurde über das Netzwerk in mehreren Fällen der Missbrauch von Kindern und Kleinstkindern verabredet.

In Deutschland sitzen inzwischen fünf Beschuldigte in U-Haft, zwei weitere in Österreich. Weltweit sind 14 für das Forum Verantwortliche identifiziert. Europol koordiniert die weltweite Fahndung nach den Hauptverdächtigen und den Tausenden Nutzern, die sich bereits durch den Austausch von Kinderpornodateien und -links strafbar gemacht haben können. „Es war das erste Mal, dass in Deutschland ein solch großer Kinderpornoring im Darknet abgeschaltet werden konnte“, so Koths.

Kopf und Administrator des Forums war laut den Angaben ein 39-jähriger Mann aus dem hessischen Landkreis Limburg/Weilburg. Die Fahder bescheinigen ihm eine hohe IT-Kompetenz. Er habe das Forum eingerichtet und gewartet. Die Experten von BKA und ZIT deuteten am Freitag an, dass sie auf das Forum durch einen „Fehler“ aufmerksam geworden seien. Mehr wollten sie nicht sagen. Den Verhaftungen seien wochenlange aufwendige Ermittlungen in mehreren Staaten vorausgegangen.

In Bayern wurde ein 61-Jähriger aus dem Landkreis Landsberg am Lech verhaftet, dem neben der bandenmäßigen Verbreitung von Kinderpornografie auch vorgeworfen wird, selbst Kinder missbraucht zu haben. Ein 56-Jähriger aus dem Main-Tauber-Kreis wird beschuldigt, die Foren als Moderator betreut zu haben. Außerdem sitzen Beschuldigte aus Berlin (41) und aus Dresden (40) in Haft.

Der Strafrahmen für die Verbreitung von Kinderpornografie reicht in Deutschland bis zu 5, für schweren Missbrauch bis zu 15 Jahren Haft. In Österreich ging den Fahndern ein 28-Jähriger ins Netz, der Pornografie verbreitet haben und seine eigenen Kinder, fünf und sechs Jahre alt, mehrfach selbst schwer missbraucht haben soll. Außerdem habe er seine Kinder dem Beschuldigten aus Landsberg zum sexuellen Missbrauch „zur Verfügung gestellt“, so wörtlich BKA und ZIT.

Opfer zwischen zwei und acht Jahren alt

„Preteen“, „Tiny-­Lovers-Chat“ – die Namen von Chat­rooms und Foren des abgeschalteten Netzwerks waren eindeutig

„Preteen“, „Tiny-Lovers-Chat“ – die Namen von Chatrooms und Foren des abgeschalteten Netzwerks waren eindeutig. 29 der Kinder, die in Pornodateien und Videos gezeigt wurden, konnten identifiziert werden. Sie sind zwischen zwei und acht Jahre alt. „Sie werden betreut“, hieß es. Selbst Kleinstkinder würden in Sex- und Gewaltszenen gezeigt.

Die Sichtung solcher Szenen seien für Fahnder eine große Herausforderung, sagte BKA-Mann Koths: „Die Fahnder tun das alle freiwillig und werden psychologisch betreut.“ Als letztes Mittel, um die kindlichen Opfer zu identifizieren, gilt die „Schulfahndung“. Die Polizei zeigt dann in einem bestimmten Bereich LehrerInnen Fotos der Kinder. „Das muss allerdings verhältnismäßig sein“, versichert BKA-Experte Kohts. „Wenn wir die Kinder gefunden haben, finden wir meistens ganz schnell auch die Täter.“

Es gibt in der Regel Hürden, die solchen Kinderpornoforen im Darknet vorgeschaltet sind. Meistens wird die Lieferung von eigenen einschlägigen Dateien und Links verlangt. Es gebe sogar Kinderpornoringe, in denen man den eigenen Missbrauch von Kindern dokumentieren müsse. Wie es Fahndern dennoch gelingt, solche Foren zu „entern“, wollten sie aus naheliegenden Gründen nicht sagen. „Seit der Jahrtausendwende hat sich die Kinderpornoszene ins Internet verlagert, in den letzten Jahren ins Darknet“, weiß BKA-Fahnder Koths und versichert: „Wir ermitteln laufend.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.