taz-Liveblog zum G20-Gipfel: Die Polizei will sich Mühe geben

Der Tag nach den Krawallen verläuft in Hamburg friedlich und die Staatschefs formulieren im Abschlusspapier zumindest den Status Quo.

Vor einem Wasserwerfer macht eine Frau riesige Seifenblase

Er hat Wasser, sie auch Seife Foto: dpa

Am zweiten Tag des G20-Gipfels wurde Hamburg wieder aufgeräumt; die Stadtreinigung und engagierte BürgerInnen schafften die Trümmer der Krawalle vom Vorabend weg. Mehrere, teils sehr große, Demonstrationen blieben friedlich. Die Staatschefs reisten ab. Die Polizei versprach am Abend, die Nacht über zu versuchen, die Sicherheit zu gewährleisten. Der taz-Liveblog verabschiedet sich (und kommt zurück, sollte es die Nachrichtenlage erforderlich machen).

23:00, Hamburg, Schulterbaltt: Nach den Ausschreitungen in der Nacht von Freitag auf Samstag, fackelten die Behörden Samstagnacht nicht lange. Und das obwohl alles nach einem friedlichen Kontrastprogramm zum Vorabend aussah – die Großdemonstration „Grenzenlose Solidarität“ und die anschließende Kundgebung waren größtenteils friedlich verlaufen, die Stimmung in St. Pauli und im Schanzenviertel roch nach Feierei und Frieden statt Ärger und Stunk. Als gegen 23 Uhr noch die Sambagruppe vor der Roten Flora spielte, überraschte die Polizei mit einer entschiedenen Offensive. Sie setzte Wasserwerfer und Pfefferspray ein, und versuchte den Platz vor der Roten Flora so zu räumen und eine Sitzblockade, die sich gebildet hatte, aufzulösen. Unter sichtlich überraschten Anwesenden brach für kurze Zeit Panik aus, viele flüchteten in Seitenstraßen. Um die Rote Flora kam es wieder zu Flaschenwürfen und Ausschreitungen. Mehr als anderthalb Stunden steckten Personen anschließend etwa in der Ecke Susannenstraße- Rosenhofstraße fest. Sanitäterteams waren vor Ort und versorgten jene, die von Pfefferspray, dem Wasserstrahl oder fliegenden Objekten getroffen wurden. Wie auch Freitagnacht brachten sich wieder Spezialkräfte in Stellung. Vor dem Neuen Pferdemarkt standen sich Gaffer und SEK gegenüber. (taz)

20:00, Hamburg, Schanzenviertel: Über der Stadt dröhnen immer noch die Hubschrauber. Viele Leute sind von der Großdemonstration ins Schultertblatt gezogen. Vor der Roten Flora trommelt eine Demo-Samba-Gruppe in pinkfarbigen Perücken, die Straße ist voller Menschen. Manche sind bunt angezogen und trinken Bier, einzelne sind vermummt und haben leere Flaschen in der Hand. Die Stimmung erinnert an das jährliche Schanzenfest, bei dem es manchmal nach dem Feiern noch zu Ausschreitungen kam. Auch jetzt ist die Polizei vor Ort und steht mit behelmten Trupps in den Seitenstraßen. Sie ziehen den Ärger der Umstehenden auf sich. „Haut ab“, schallt es aus der Menge. „Das ist unser Viertel.“ Die Polizei spricht insgesamt von einer momentan ruhigen Lage in der Stadt. Die Einsatzkräfte würden die Nacht über in der Stadt präsent sein, sagte ein Polizeisprecher. „Wir werden so aufgestellt sein, dass wir die Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten versuchen.“ (taz)

19:15, Hamburg: Zur Demo „Hamburg zeigt Haltung“ sind am Samstag höchstens 5.000 Menschen gekommen. Sie zogen zeitgleich zur riesigen G20-kritischen Großdemonstration durch Hamburg. Dass auch die rot-grünen Regierungsfraktionen zu der Demo aufgerufen haben, deren Hamburger Senat gleichzeitig Gastgeber des G20-Gipfels ist, hatte schon im Vorfeld für Kritik gesorgt. Das war auch am Rande der Demo zu spüren, berichtet Milena Pieper.

18:30, Messehallen: Recep Tayyip Erdoğan will nicht über #FreeDeniz sprechen. Bei einer spontan nach dem Ende des 20-Gipfels anberaumten Pressekonferenz hat der türkische Präsident Antworten zur Zukunft des seit Januar in der Türkei inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel verweigert. Zunächst habe ein Kollege der ARD gefragt, wann Yücel und die ebenfalls inhaftierte deutsche Journalistin Meşale Tolu frei kämen, beziehungsweise wann die Prozesse gegen sie beginne, berichtete der Korrespondent der Welt, Robin Alexander, der taz. Weil Erdoğan nur äußerst ausweichend geantwortet habe, habe er versucht die Frage nochmal zu stellen, er sei aber nicht mehr dran genommen worden. Daher habe er sich nach Ende der Pressekonferenz nochmal direkt an den „Mr. President“ gewandt, um Erdogan zu sagen, dass er Yücel persönlich aus der Zusammenarbeit der Welt kenne und ihm versichern könne, dass Deniz Yücel kein Terrorist sei. Erdogan habe darauf aber nicht reagiert und stattdessen an türkische Journalisten Autogramme verteilt. Die hätten dann auf Türkisch das Wort „Terrorist“ gerufen. (taz)

Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.

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18:14, Flughafen Hamburg: US-Präsident Donald Trump hat Hamburg mit der Air Force One verlassen. Er hat nun einiges nachzuholen: Auf deutschem Boden hat er gerade einmal zwei Tweets abgesetzt. Und auch sonst hat er sich – für seine Verhältnisse – nicht daneben benommen. (taz)

18:00, Berlin/Hamburg: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will sich nach den Krawallen am Rande des G20-Gipfels am Sonntagmorgen über die Lage in Hamburg informieren. Das Staatsoberhaupt wolle mit Sicherheitskräften und Bewohnern sprechen, kündigte das Präsidialamt am Samstagabend an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Nachmittag angekündigt, dass die Opfer der Krawalle schnell entschädigt werden. Sie habe bereits mit Finanzminister Wolfgang Schäuble gesprochen. Merkel traf auch Vertreter der Einsatzkräfte und dankte der Stadt Hamburg. (afp/dpa/taz)

Hamburg: Die Autowracks in den Straßen rauchen noch, da schlägt schon die Stunde der Vereinfacher: Schuld sind die Linken. taz-Redakteur Ulrich Schulte kommentiert, warum gerade in dieser aufgeheizten Situation Differenzierung notwendig ist.

16:55, Hauptbahnhof: Vor einem Elektronikmarkt am Hauptbahnhof stehen einige Nazihooligans von HoGeSa und warten auf ihre Kameraden aus Hannover. Einige der rund Dutzend Männer werden von der Polizei kontrolliert.

16:30, Millerntor: Auf dem Millerntordamm machen sich ein Jeep und ein Laster mit Soundsystemem Konkurrenz. Es ist der Abschluss der Großdemo. Die Leute tanzen. Ein Frau hält ein Schild hoch: „Liste trauriger Dinge: G20, Kapitalismus, Osnabrück“. Zum Glück ist sie ja gerade in Hamburg. Seifenblasen steigen auf. Hier und da fällt ein Regentropfen. Aber noch stört kein Regen den Festivalcharakter. Überall Musik, die Leute stehen und sitzen entspannt herum. Auf der Grünfläche nebenan wird geraved. Die Polizei traut dem friedlich-politischen Spektakel offenbar nicht. Sie hat zwei Wasserwerfer am Zirkusweg und in der Helgoländer Allee postiert, die Spritzkanonen auf die Demonstranten gerichtet. Am Himmel knattern fünf Hubschrauber.

16:10, Hamburg: Augenzeugen berichten, dass Polizisten einen kommunistischen schwarzen Block gestürmt haben. Die Polizei bestätigt auf Twitter, sie sei „konsequent gegen vermummte Teilnehmer im schwarzen Block vorgegangen“. Die Augenzeugen berichten, 10 Demoteilnehmer seien von der Polizei rausgezogen und in der Nähe der St. Michaelis Kirche eingekesselt worden. Aktuell ist dort von der Aktion nichts mehr zu sehen. (taz)

16:00, Hamburg: Der französische Präsident dankt bei seiner Pressekonferenz zum Abschluss der G20-Verhandlungen dem Einsatz der Sicherheitskräfte. Kein Wunder. Von seinem Hotelzimmer im Mövenpick am S-Bahnhof Sternschanze hatte er vermutlich den besten Ausblick auf die Ausschreitungen der letzten Nacht. (taz)

15:50, Hamburg: Das Gesamtbild der Demonstration ist ein buntes, dennoch haben sich einige schwarz gekleidete Personen darunter gemischt. Der „Welcome to Hell“-Block wird von der nur teilweise behelmten Polizei begleitet, berichtet unser Korrespondent. Die „Welcome to Hell“-Demonstranten tragen zwar schwarz, lassen jedoch ihre Gesichter unbedeckt. Aus den Lautsprechern tönt, die offizielle Teilnehmerzahl liege bei 76.000 – fast alle bunt. (taz)

15:40, Hamburg: Vorne an der Demo-Spitze soll es laut Polizei einen schwarzen Block geben. Vor Ort sieht man da tatsächlich ein paar schwarz Gekleidete – es ist ein Trupp Polizisten. Dahinter wird es bei der mit Abstand größten Anti-G20-Demo vor allem bunt. Da laufen die Flüchlingsretter von Sea Watch neben Karl-Marx-Plakaten. Die radikale „Klasse gegen Klasse“, neben einem kleine Trüppchen silber Gehüllter, die den Spalier laufenden Polizisten Aluspiegel mit der Aufschrift „verboten“ entgegenhalten. Ein paar Fähnchen von Campact sind zu sehen, obwohl die Protest-NGO sich eigentlich raushalten wollte. Pastor Leumund, der weihnachtsmannmässig gekleidete Vorsitzende der dadaistischen Bergpartei rappt, „Das System, sollte sich was schäm“. Attac fordert „CETA in die Tonne“. Ein Frau trägt ein „Pfui“ auf einem Pappschild vor sich her. Und immer wieder wird rhythmisch „A, Anti, Anticapitalista“ skandiert. Der Demozug ist gigantisch. Am Heilgengeistfeld ist noch lange kein Ende abzusehen. Gerade wurde von einem Lautsprecherwagen verkündet, dass jetzt 70.000 Leute dabei seien. Am Heiligengeistfeld steigen wieder Rauchwolken auf. Es wird heftig gegrillt. (taz)

Ein Demonstrant zeigt seine Solidarität mit dem geplünderten Supermarkt Foto: Jean-Philipp Baeck

15:30, Messehallen: Auch beim besonders umkämpften Klima-Teil der Abschlusserklärung sind sich die G20 schließlich noch einig geworden. Im Dokument (pdf) bekennen sich alle Teilnehmer außer den USA zum Paris-Abkommen und sagen zu, sich für eine schnelle Umsetzung einzusetzen. Trump ist mit seiner Ankündigung, aus Paris auszusteigen, weiterhin isoliert. Die USA erklären in einem eigenen Absatz, dass sie ebenfalls Emissionen reduzieren wollen und andere Länder dabei auch bei der Nutzung sauberer fossiler Energie unterstützen wollen. Um diesen Satz hatte es bis zuletzt Streit gegeben. Er wurde so umformuliert, dass deutlicher wird, dass es sich dabei nur um die Position der USA handelt. Umweltverbände begrüßten das klare 19-zu-1-Votum, forderten aber klarere und schnellere Pläne zur Umsetzung der notwendigen Emissionsminderung – in Deutschland etwa den Kohleausstieg.

15:20 Uhr, Hannover: Rechte Hooligans von HoGeSa haben offenbar dazu aufgerufen, von Hannover nach Hamburg aufzubrechen. Es wurde ein martialisches Bild mit vermummten Hools geteilt, zusammen mit dem Aufruf: „Unsere Heimat wieder unter Kontrolle bringen!“ Treffpunkt war 14:00 Uhr am Raschplatz am Hannoveraner Hauptbahnhof. Motto: „Die Familie hält zusammen – HoGeSa für Deutschland“. Eine Person in Hannover, die sich am Raschplatz umgeschaut hat, bestätigte der taz das Treffen: Es kamen genau zwei Leute mit Hooligan-Shirts. Einer wurde von der Polizei festgesetzt, einer ist wohl weggelaufen. Nun ja. (taz)

15:00, Messehallen: Ach, Ivanka. Das Donald Trump großer Fan seiner Tochter ist, weiß spätestens seit seinen Aussagen über ihre Dating-Würdigkeit jeder. Doch auch neben ihrem – für eine Frau natürlich immens wichtigem – guten Aussehen, hält der US-Präsident viel auf seine Tochter. So viel, dass er sie während der G20-Verhandlungen sogar kurzzeitig seinen Platz am Tisch einnehmen ließ. Ivanka Trump und ihr Ehemann Jared Kushner gehören zu den engsten Beraters des US-Präsidenten. Dass ein Berater am Tisch mal kurz vorne sitze sei nicht ungewöhnlich, heißt es aus Regierungskreisen. Dass der Berater allerdings die Tochter des Präsidenten ist, wurde in der Vergangenheit durchaus kritisch betrachtet. Aber wenn sie einfach so toll ist – was soll er denn machen, der stolze Papa? (taz)

14:42 Uhr, Hamburg: Es soll einen Polizei-Übergriff auf einen Anwalt des Anwaltlichen Notdienstes (AND) in dem Sondergefängnis GESA gegeben haben. In der Nacht zum Samstag gegen 1:30 Uhr soll der Anwalt von mehreren Polizisten gepackt und aus der GESA geschleift worden sein, wie der AND der taz sagte. Dabei sollen ihm die Polizeibeamten ins Gesicht gegriffen und einen Arm verdreht haben. Die Polizei bestätigte der taz „einen Vorfall“ mit einem Anwalt in der Gesa, aber „mehr kann ich zum Zeitpunkt noch nicht sagen“, wie Kristin Rößner von der Polizeipressestelle sagte.

In einer Pressemitteilung schreibt der Notdienst über den Anwalt: „Zuvor befand er sich in einem Beratungsgespräch mit einem Mandanten, der sich nach dem Gespräch komplett entkleiden sollte. Leibesvisitationen werden aktuell vermehrt an den Gefangenen, sowohl vor als auch nach dem Kontakt zu AnwältInnen, vorgenommen. Die Polizei begründet diese Maßnahme damit, dass die AnwältInnen ihren MandantInnen gefährliche Gegenstände übergeben könnten.“

Der Anwalt soll einer Leibesvisitation eines Gefangenen widersprochen haben und sei deswegen körperlich angegriffen worden, so der AND. Die Notdienst macht der Polizei schwere Vorwürfe: „Eine Polizei, die gegen Anwälte körperlich vorgeht, die sich für ihre Mandanten einsetzen, hat jeden Bezug zum Rechtsstaat verloren.“ Bereits die Annahme, dass Anwälte gefährliche Gegenstände mit in die GESA schmuggeln könnten, zeige erneut, dass die Polizei AnwältInnen nicht als Garanten eines rechtsstaatlichen Verfahrens sieht, sondern als Gefahr. (taz)

14:20, Altona: Der Samstagseinkauf unserer Korrespondentin scheitert am G20-Gipfel. Der Edeka in der Großen Bergstraße ist wie leergefegt, Mitarbeiter geben an, seit Donnerstag keine Lieferungen mehr erhalten zu haben. Frische Lebensmittel wie Milch, Brot, Obst und Gemüse sind Mangelware. Die angrenzenden Drogerien haben ihre Läden gar nicht erst geöffnet. „Ich geb auf – meine Nachbarin sagt, sie hat noch Lebensmittel“, sagt unsere Korrespondentin. (taz)

14:15, Hamburg: Die Spitze der Großdemonstration ist inzwischen am Hamburger Michel vorbei gelaufen. Vornweg gehen mehrere Reihen Polizisten ohne Helme. Darauf folgt ein größerer Block kurdischer Aktivisten, dahinter die Antirassisten, die für die Freiheit von Migration demonstrieren. Gerade haben sich zwei Aktivistinnen von einer Brücke mit einem Transparent abgeseilt, darauf steht: „G20 – wir sind nicht alle! Es fehlen die Ertrunkenen“ – ein Hinweis auf die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer. Etwas weiter hinten folgt der antikapitalistische Block, in dem die Anhänger der Bündnisse „Interventionstische Linke“ und „Ums Ganze“ nebeneinander laufen. Die Veranstalter sprechen von 40.000 Teilnehmern, die Polizei beschränkt sich auf 22.000. (taz)

13:30, Landungsbrücken: Wo sich in den vergangenen Tagen schwarz vermummte Autonome Straßenschlachten mit ebenfalls schwarz vermummten Polizisten lieferten, zeigt sich heute ein deutlich bunteres Bild. Die „Hamburg zeigt Haltung“-Demonstration des Hamburger Senats zieht mit einem ungleich friedlicheren Publikum durch die Straßen – fast schon etwas zu friedlich, erklären Teilnehmer unserer Korrespondentin. Unglaublich leise sei es für eine Demonstration und erinnere doch sehr an den Kirchtag. Dennoch sind einige gekommen – 5.000, laut Angaben der Veranstalter – um den Ausschreitungen der vergangenen Nacht ein Bild friedvollen Protests entgegen zu setzen. (taz)

13:15, Deichtorhallen: Die „Grenzenlose Solidarität statt G20“-Demonstration ist von den Deichtorhallen aus los gelaufen. Die Stimmung ist super, schreibt unsere Korrespondentin. Es wird gesungen, „Peace“-Fahnen wehen im Wind. Aus den Lautsprechern tönt, dass zehntausende Demonstranten teilnehmen. Auf den Bannern prangen die verschiedensten politischen Botschaften: Kein Krieg, Solidarität mit Geflüchteten, Relevanz des Klimaschutz. (taz)

13:04 Uhr, Brigittenstraße: Vor Ort hat die Polizei nun informiert: Man sei einem Hinweis nachgegangen, dass sich in dem Zentrum B5 Material für die Herstellung von Brandsätzen befunden hätte. Der Verdacht habe sich aber nicht bestätigt. Gefunden worden sei illegale Pyrotechnik, die die Polizei mitgenommen habe. Festnahmen oder Verhaftungen habe es keine gegeben. (taz)

13:00, Hamburg: Nach der zweiten Nacht mit schweren Krawallen am Rande G20-Gipfels gerät Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unter Druck. Hamburgs CDU-Oppositionschef André Trepoll warf Scholz am Samstag vor, bei der Einschätzung der Sicherheitslage rund um das Treffen versagt zu haben. Oppositionschef Trepoll kritisierte, die Lagebewertung des rot-grünen Senats habe sich als völlig falsch erwiesen. „Wie kam es zu der Einschätzung, man könne den Gipfel mit dem Hafengeburtstag gleichsetzen?“ Scholz müsse sich dazu kommende Woche erklären. Scholz hatte im Juni gesagt: „Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus. Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist.“

Auch viele Hamburger fordern politische Konsequenzen. Eine Ladenbetreiberin im Schanzenviertel verlangt in einem Brief, den sie in ihrem Schaufenster aushängt, den sofortigen Rücktritt Olaf Scholz und Andy Grotes. Auf Twitter werden Bürgermeister und Innensenator scharf kritisiert. (dpa/taz)

12.40 Uhr, Hauptbahnhof: Hier stehen über fünfzig Einsatzwagen bereit. Die „Solidarität kennt keine Grenzen“-Kundgebung findet unweit davon an den Deichtorhallen statt. Der Demozug geht laut Plan um 13 Uhr los. In direkter Nähe, am Steintorwall, ist die Stimmung ausgelassen. Aus einem Lautsprecher tönt Trance, eine Straßenecke weiter spielt eine deutsche Band live auf. Einige DemonstrantInnen tragen Sonnenblumen in der Hand. Die Umweltschutzorganisation Robin Wood hat ein Banner mit der Aufschrift „Don't sell the climate. End coal now!“ an der Seite des Elektromarkts Saturn aufgespannt. (taz)

12.35 Uhr, Brigittenstraße: Die mediale Aufmerksamkeit für die Aktion ist groß. Etwa 30 Journalisten stehen auf der gegenüberliegenden Straßenseite der B5 und verfolgen das Geschehen. Zahlreiche Anwohner lehnen aus den Fenstern oder sitzen auf ihre Balkonen und schauen zu. Viel zu sehen ist dabei im Moment nicht, die Polizisten stehen einzeln oder in Grüppchen vermummt in der Straße. Ein Mann kehrt auf der Dachterrasse Glasscherben zusammen – ein Seitenfenster ist kaputt. In den Eingang des B5, das als Zentrum der antiimperialistischen Szene gilt, gehen Menschen mit violetten“Legal Team“-Westen. (taz)

12:30, Altona: Auch in Altona-Altstadt brannten in der vergangenen Nacht Autos. Gegen vier Uhr wurde unser Reporter von mehreren dumpfen Explosionen geweckt. Kurz darauf waren die Löscharbeiten in dem Wohngebiet bereits in vollem Gange. In Flammen stand ein Familien-, ein Kleinwagen und ein Campingbus. Der taz-Reporter parkt dann jetzt mal seinen Kleinwagen um. (taz)

12:15, Hamburg, Brigittenstraße: Polizeieinsatz im „Internationalen Zentum B5“. Vermummte Polizisten stehen in und vor dem Haus und auf der Dachterrasse. Über ein Dutzend Mannschaftswagen sind vor Ort. Die Straße ist fast vollständig gesperrt. Eine Anwohnerin wird jedoch, begleitet von einem Polizisten, zu ihrem Haus gelassen. Sonst kommt aber niemand mehr durch. Ein Demonstrant schwenkt eine schwarze Anarcho-Fahne vor der Absperrung, berichtet unser Korrespondent. Beobachter in der Straße sagen, die Polizei-Aktion laufe seit etwa 11.30 Uhr. (taz)

11:40 Uhr, Hamburg, Messehallen: Während die Stadt noch dabei ist, sich nach der großen Konfrontation von Freitagnacht wieder aufzurappeln, verbreiten sich von den Messehallen aus harmonische Neuigkeiten. Offensichtlich haben sich die G20-Staaten auf eine gemeinsame Gipfelerklärung geeinigt: „Wir haben eine Erklärung – nicht 19 zu 1, sondern mit allen 20“, sagte ein EU-Vertreter am Samstagmorgen. Beim Thema Handel sei man sich völlig einig geworden, es gebe in der Abschlusserklärung einen klares Bekenntnis gegen Protektionismus, sagte der EU-Vertreter. Dennoch: beim Klimaschutz-Teil gebe es weiterhin noch Differenzen. Offen ist, wie die USA ihre Sonderrolle nach dem angekündigten Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen formulieren dürfen. (reuters)

Abgebrannte Autowracks

Klassische Großverdiener-Wagen Foto: Benjamin Laufer

Proteste gehen weiter

11: 30 Uhr, Hamburg: Am Samstag gehen die Proteste weiter: Zu „Grenzenlose Solidarität statt G20“ erwarten die Veranstalter*innen bis zu 100.000 Menschen erwartet. Die Auftaktkundgebung läuft ab 11 Uhr am Deichtorplatz. Zum aufrufenden Bündnis gehören neben autonomen Gruppen u.a. Attac Deutschland, Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland (NAV-DEM), die Linke und die Grüne Jugend, die Interventionstische Linke und das Ums-Ganze-Bündnis. Die Website der Demonstration ist derzeit nicht abrufbar.

„Hamburg zeigt Haltung“ heißt die zweite Demonstration, die ab 12 Uhr von der St. Katharinen-Kirche aus am Hafenrand bis zum Fischmarkt führen wird. Organisiert wurde sie von einem Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften, SPD, Grüne und Künstler*innen. (taz)

10:49 Uhr, Hamburg: Nach den Ausschreitungen von gestern wurden die Sicherheitsvorkehrungen zwischenzeitlich auch am Tagungsort der G20 verschärft. Davon betroffen sind auch Journalist*innen, sie werden strenger geprüft. Reporter und Journalistenverbände berichten davon, dass einzelnen Berichterstattern die Akkreditierung entzogen wurde. (epd)

10.26 Uhr, Hamburg: Allein im Schanzenviertel wurden Freitagnacht 14 Menschen festgenommen, so die Einsatzkräfte. Weitere 63 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Die Polizei beklagt 213 verletzte Einsatzkräfte. Wie viele verletzte es auf Seiten der Demonstrant*innen gibt, ist nach wie vor unbekannt. Die Rede ist von mindestens elf Schwerverletzten. Olaf Scholz (SPD), Hamburgs erster Bürgermeister, appellierte an alle G20-Gegner*innen, friedlich zu protestieren. Besorgt und bedrückt sei er über die gewaltsamen Ausschreitungen und die Angriffe auf Polizisten, sagte Scholz in einer am Freitag veröffentlichten Videobotschaft. (epd)

Es riecht nach verbranntem Plastik

9.32 Uhr, Hamburg, Schanzenviertel: Ein Mann im St.-Pauli-Shirt geht mit Handy in der Hand durch die Schanzenstraße. Er läuft von der Flora in Richtung Pferdemarkt, macht Fotos von eingeschlagenen Scheiben und der geplünderten Drogerie Budnikowsky. Dabei schreit er immer wieder: „Warum zünden die unser schönes Hamburg an? Ganz Hamburg hasst den schwarzen Block!“ Kamerateams halten drauf. Viele Menschen mit Spiegelreflexkameras laufen durch die Straße, machen Bilder von eingeschlagenen Scheiben und verbrannten Barrikaden. Ein Schutthaufen qualmt noch, während ein Bagger den die verkohlte Metallteile und Fahrradreste in einen Schuttcontainer lädt. Vor dem zerstörten Budnikowsky stehen besonders viele Leute mit Spiegelreflexkameras. Ein Reporter der deutschen Welle spricht in die Kamera. Leute gehen in den Drogerie-Markt, um Fotos zu machen. Der Boden ist komplett mit Kosmetikwaren bedeckt. Am Himmel kreisen Hubschrauber, es riecht noch immer nach verbranntem Plastik. Das Wetter ist gut. (taz)

8.45 Uhr, Hamburg, Schanzenviertel/ St. Pauli: Neben Polizei und Feuerwehr ist auch die Hamburger Stadtreinigung seit 6.00 Uhr in der Schanze und St. Pauli mit 60 Mitarbeitern, einem Radlader und Großkehrmaschinen im Einsatz, wie sie twitterte. Es riecht nach verbranntem Plastik. Neben den Auseinandersetzungen wurde in der vergangenen Nacht auch in der Drogerie-Kette Budnikowsky und in einem Rewe-Supermarkt geplündert. Die Hamburger Polizei kann am Samstagmorgen (Stand 8.30 Uhr) noch keine Zahlen zu Festnahmen und Ingewahrsamnahmen nennen. Allein bei der Erstürmung eines Hauses am Beginn der Straße Schulterblatt nahm die Polizei in der Nacht von Freitag auf Samstag 13 Menschen fest. Bei den Krawallen wurden nach Polizeiangaben vom Freitagabend 197 Beamte verletzt, darunter keine Schwerverletzten. Weder Polizei noch Feuerwehr können derzeit Angaben über verletzte Demonstranten machen. (dpa)

Samstag, 08.17 Uhr, Hamburg: Guten Morgen, der taz-Liveblog ist wieder auf den Beinen! Viele Einsatzkräfte sind es auch, oder immer noch: Im Schanzenviertel, wo es gestern zu schweren Auseinandersetzungen und gar einem SEK-Einsatz kam, laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Auf dem Schulterblatt ist das Bild der Verwüstung am eindrücklichsten: Steine, Scherben, Reste von brennenden Barrikaden. An der Ecke Lerchenstraße-Schulterblatt stehen Anwohner*innen vor der Schanzenbäckerei und sind sichtlich entsetzt. Der Grundtenor einer Konversation: Warum zünden wir unseren Kiez an? (taz)

Am Samstag für uns auf der Straße waren die taz-Reporter*innen Malene Gürgen, Gereon Asmuth, Katharina Schipkowski, Sebastian Erb, Amna Franzke, Jean-Philipp Baeck, Patricia Hecht, Fabian Franke, Jan Kahlcke, Fabian Grieger, Martin Kaul, Verena Vargas, Paul Welche Guerra, Patrick Loewenstein, Volkan Ağar, Lena Kaiser und Christian Jakob.

In der Hamburger Zentrale kümmern sich Muriel Kalisch, Gareth Joswig, Volkan Ağar, Ariane Lemme um den Newsblog.

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