Flüchtlinge in Thailand in Falle gelockt: 70 Menschenhändler verurteilt

In Thailand wurden nun Militärs, Polizisten und Beamte wegen Mord und Erpressung von Migranten verurteilt. Es geht um Taten aus dem Jahr 2015.

Menschen und ein Sarg hinter einem Absperrband

Bergung eines Opfers der Menschenschmuggler auf der malaysischen Seite der Grenze zu Thailand im Juni 2015 Foto: ap

BERLIN taz | Mehr als einhundert Personen, darunter ein Generalleutnant und Exberater der thailändischen Armee namens Manas Kongpaen sowie Polizisten, lokale Politiker und mutmaßliche Schlepper aus dem Nachbarland Birma (Myanmar), sind vom Bangkoker Strafgerichtshof wegen Menschenhandel angeklagt gewesen. Bis zum Mittwochabend hatten die Richter rund 70 Schuldsprüche gefällt und drakonische Haftstrafen verhängt. So muss der thailändische Generalleutnant Manas für 27 Jahre hinter Gitter, mehrere Staatsangehörige aus Birma wurden gar zu mehr als 70 Jahren Gefängnis verurteilt.

Die meisten Beschuldigten waren verhaftet worden, nachdem Anfang Mai 2015 in einem Dschungelcamp im Süden Thailands an der Grenze zu Malaysia mehrere Massengräber mit den sterblichen Überresten von 36 mutmaßlichen Opfern von Menschenschmugglern gefunden worden waren.

Bei den Leichen handelte es sich um aus Birma geflohene muslimische Rohingya sowie um Flüchtlinge aus Bangladesch.

Diese waren von ihren Peinigern dort festgehalten worden, um von deren Familien Lösegelder für die Weiterreise nach Malaysia zu erpressen. Kurz darauf erreichte die regionale Krise um tausende Bootsflüchtlinge ihren Höhepunkt. Thailand machte seine Grenzen dicht gegenüber den noch auf See treibenden Verfolgten.

Junta will angeblich Schleppersyndikate zerschlagen

Thailands Juntachef Prayuth Chan-ocha kündigte damals an, er werde die Schleppersyndikate im Land zerschlagen. Menschenrechtler verwiesen aber darauf, dass Thailands Behörden, Politiker und Sicherheitskräfte selbst in das lukrative Geschäft verstrickt seien. So habe Thailand seit Jahren dabei versagt, in Menschenschmuggel verwickelte Soldaten zu bestrafen. Das müsse ein Ende haben, twitterte Sunai Phasuk von Human Rights Watch.

Amy Smith, Fortify Rights

„Die Opfer wurden über Jahre ausgebeutet, gefoltert, ermordet“

Auch die Organisation Fortify Rights monierte, das Verfahren sei lediglich ein Beginn, zumal Schleppernetzwerke weiter existierten: „Thailand hat noch einen langen Weg vor sich, um jenen Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die über Jahre ausgebeutet, gefoltert oder ermordet wurden“, sagte Geschäftsführerin Amy Smith.

Kritisiert wurde auch der Gerichtsprozess selbst: So seien nicht nur Dolmetscher und Polizeibeamte bedroht, sondern auch Zeugen aus Reihen der Rohingya tätlich angegriffen worden.

Leitender Ermittler floh nach Australien

Große Aufmerksamkeit erfuhr der Fall, als der leitende Ermittler bei der Polizei, Generaloberst Paween Pongsirin, nach Australien floh. Er erklärte, er fürchte um sein Leben, weil seine Erkenntnisse auch einflussreiche Menschen in Thailand beträfen, die ihn nun zum Schweigen bringen wollten.

Dass es Thailands regierender Junta wohl weniger um die Opfer als vielmehr um ihren Ruf gehen dürfte, zeigte sich an mehreren Reaktionen. So ging Juntachef Prayuth gegenüber fragenden Journalisten zur Verstrickung der Streitkräfte bereits an die Decke, noch bevor das Gericht die Schuldsprüche fällte: „Vergesst nicht, dass wir zwischen 400.000 und 500.000 Soldaten haben, und Manas ist ja nur eine Person. Kann diese die ganze Armee ruinieren?“, wütete Prayuth.

Das Militärregime hatte auch äußerst verschnupft reagiert, als die USA in ihrem diesjährigen Bericht zu Menschenhandel und Sklaverei Thailand weiterhin auf der sogenannten Beobachtungsstufe der Kategorie 2 beließen. Dieser behandele Thailand nicht gerecht, schließlich habe man signifikante Anstrengungen unternommen, um gegen Menschenschmuggel vorzugehen, entrüstete sich das Außenministerium in Bangkok Ende Juni.

2016 hatte Washington Thailand auf der „schwarzen Liste“ heraufgestuft. Menschenrechtsorganisationen hingegen hatten schon den damaligen Beschluss als verfrüht kritisiert.

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