Nach den Krawallen beim G20-Gipfel: SPD droht Flora & Friends

Die SPD zieht nicht nur in Erwägung, die Rote Flora zu räumen. Auch KünstlerInnen droht sie mit Geldentzug – weil sie zur Flora stehen.

Viele Polizisten vor Demonstranten, die ein Schild mit der Aufschrift "Flora bleibt" halten

Die Flora ist Druck gewohnt, dieses Foto entstand 2013 Foto: dpa

HAMBURG taz | Die rot-grüne Hamburger Landesregierung bläst nach den militanten Auseinandersetzungen rund um den G20-Gipfel zum Sturm auf das linksautonome Kulturzentrum Rote Flora und andere linke Kultureinrichtungen der Stadt. Nach Informationen der taz sind vor allem die Sozialdemokraten unter Führung von Bürgermeister Olaf Scholz fest entschlossen, die Räumung des linken Treffpunkts im Hamburger Schanzenviertel einzuleiten, wenn sich deren AktivistInnen nicht grundsätzlich von jeder Form von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung distanzieren.

Die SPD macht das linke Kulturzentrum dafür verantwortlich, auch militante Gruppen aus ganz Europa nach Hamburg mobilisiert und anschließend die Logistik für deren Ak­tionen bereitgestellt zu haben. „Der G20 war eine Zäsur“, sagt ein führender Hamburger So­zial­demokrat.

Um die linke Szene zu befrieden und auch besser kontrollieren zu können, hatten sich die Sozialdemokraten stets für den Fortbestand des seit 28 Jahren besetzen Autonomen­zen­trums eingesetzt. „Damit ist es jetzt vorbei, wenn sich bei denen nicht gewaltig was ändert“, so ein Mitglied der SPD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft.

Sollte sich die Rote Flora nicht eindeutig genug von jeder Form von Militanz distanzieren, wollen die Sozialdemokraten juristisch und organisatorisch eine polizeiliche Räumung vorbereiten. Die SPD will sich nicht von der oppositionellen CDU, die die „sofortige Räumung“ fordert, vor sich hertreiben lassen.

An die Stelle der Flora soll ein durch einen Freien Träger geführtes, politisch unabhängiges Stadtteilzentrum treten. Das sei mit dem bestehenden Bebauungsrecht vereinbar und werde die größtmögliche Akzeptanz im Viertel finden, lautet das Kalkül der SPD.

Drohungen auch an Leipziger Projekte

Die Rote Flora reagierte auf die zunehmende Gefahr einer Räumung, indem sie für Donnerstag Abend ihre Nachbarn zu einer „außerordentlichen Stadtteilversammlung“ in den Ballsaal des Millerntor-Sta­dions des FC St. Pauli einlud. Der Schulterschluss mit den Nachbarn könnte ein wichtiges Faustpfand in der beginnenden Räumungsdebatte werden. „Seit dem Gipfelwochenende“ werde „eine systematische Hetze gegen die linksradikale Bewegung und gegen das Projekt Rote Flora“ betrieben, heißt es in einer Erklärung des Zentrums.

Doch nicht nur die Rote Flora steht unter Beschuss. Der Fraktionschef der SPD Hamburg-Mitte, Arik Willner, kündigte im Hamburger Abendblatt an, den AktivistInnen des Gängeviertels, einer linksliberalen Künstlerhochburg in der Hamburger Neustadt, wegen deren „Solidarisierung mit der Roten Flora“ den Geldhahn zuzudrehen. Ohne eine Neupositionierung der BewohnerInnen gebe es „keine Chance auf Weiter­finanzierung“ durch den Bezirk.

Und auch bundesweit zieht G20 seine Kreise: Bundesinnenminister Thomas de Mai­zière (CDU) forderte bereits die Schließung der Roten Flora, aber auch Repressionen gegen linksalternative Viertel wie das Gebiet rund um die Rigaer Straße in Berlin und den linksalternativ geprägten Stadtteil Leipzig-Connewitz. Es dürfe „in den Städten unseres Landes keine tolerierten Rückzugsräume für Gewalttäter geben“, sagte der Minister der Bild-Zeitung. Dem widersprach Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der vor einer pauschalen „Vorverurteilung“ und Kriminalisierung linker Zentren warnte.

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