Energiespeicher für E-Fahrzeuge: Neue Elektrolyte für Batteriezellen

Forscher wollen die Energiedichte von Batterien für E-Autos mit neuen Elektroden- und Elektrolyt-Materialien erhöhen. Auch die Sicherheit spielt eine Rolle.

Eine Arbeiterin geht an einem Regal mit Batterien vorbei

Lithium-Batterien bei der Daimler-Tochter Accumotive im sächsischen Kamenz Foto: ap

BERLIN taz | Elektrofahrzeuge gelten als aussichtsreiche Zukunftstechnologie. Eine Schwachstelle sind bisher allerdings die Stromspeicher. „Wenn man die Energiedichte heutiger Elektrobatterien mit der von Sprengstoff vergleicht, sind wir vielleicht auf dem Niveau von Schwarzpulver“, sagt Energie-Wissenschaftler Christian Doetsch. „Wir brauchen jedoch Dynamit.“ Jahrhunderte wird der Entwicklungssprung diesmal wohl nicht dauern. Woran arbeiten die WissenschaftlerInnen derzeit?

Die gängigen Batterien beispielsweise für Kameras, Laptops, Smartphones und Elektroautos basieren auf der Lithiumionen-Technologie. Für kleine Geräte mit geringem Stromverbrauch mögen sie ausreichen. Um Fahrzeuge über weite Strecken zu befördern, speichern sie jedoch nicht genug Energie. Weitere Nachteile sind ihre zu großen Ausmaße und die mangelnde Sicherheit.

Fehlerhaft produziert oder falsch verwendet können Handy-Akkus überhitzen und Schwelbrände auslösen. Auch Elektrowagen haben schon Feuer gefangen, weil sich die Batterien entzündeten. „Wollen wir Dynamit im Smartphone oder E-Auto herumtragen oder -fahren?“, fragt Doetsch deshalb. Er arbeitet als Professor an der Uni Bochum und leitet die Energie-Abteilung beim Fraunhofer-Institut Umsicht.

Eine der vielen Forschungsfragen lautet nun: Welche alternativen Materialien eignen sich als Elektrolyt in den Batterien besser als die heute verwendeten Substanzen? „Eine mögliche Lösung sowohl für das Sicherheits- als auch das Energiedichte-Problem besteht darin, flüssige durch feste Elektrolyte zu ersetzen“, erklärt Christian Doetsch. Grundsätzlich funktionieren Lithiumionen-Batterien so: Beim Laden fließen innerhalb der Zelle Lithiumionen zur negativ geladenen Elektrode. Beim Entladen gibt diese Elektronen über den externen Stromkreis an den positiv geladenen Pol ab.

Als Elektrolyt zwischen den Polen verwendet man beispielsweise mit Salzen versetzte Lösungsmitteln. Statt dieser ließen sich aber auch feste Stoffe einbauen, die die Brandgefahr herabsetzen.

Kunststoff oder Glaskeramik

Feste Elektrolyte bilden auch einen Ansatzpunkt, um die Energiedichte zu erhöhen. „Dabei erscheint die Lithium-Festkörper-Technik aussichtsreich. Der Elektrolyt bestünde dann nicht wie heute aus flüssigem Material, sondern etwa aus Kunststoffen oder Glaskeramik“, sagt Kai-Christian Möller, der Vizesprecher der Fraunhofer-Allianz Batterien. „Diese Entwicklungen stecken allerdings noch im Laborstadium.“

Bis die neue Technik marktfähig ist, kann es noch Jahre dauern. Vorher wird es wohl zu Effizienzsteigerungen beim bisherigen Verfahren kommen. Möller schätzt, dass „die Lithiumionen-Technologie noch nicht ausgereizt ist. Verbesserte Kohlenstoff-Silicium-Komposite für die Anode und neue Lithium-Metalloxid-Verbindungen für die Kathode versprechen höhere Kapazitäten.“

BMW, Daimler und VW betreiben zwar Batteriefabriken, stellen aber keine Zellen her

Eine weitere Variante besteht darin, mit anderen Elektrolyt-Mischungen die Voraussetzungen für höhere Zellspannung und Energiedichte zu schaffen. „Infrage kommen hier neue Additive und Lösungsmittel“, sagt Matthias Puchta, der beim Fraunhofer-Institut Iwes in Kassel arbeitet.

Während die bundesdeutsche Batterieforschung in den 1990er und frühen 2000er Jahre weitgehend brachlag, ist nun ein neuer Aufbruch zu spüren. Die Automobilhersteller halten sich allerdings zurück. BMW, Daimler und VW betreiben zwar Batteriefabriken, stellen aber keine Zellen her. Diese kaufen sie bei asiatischen Produzenten wie Samsung oder LG, verkoppeln sie zu Batteriepaketen und ergänzen sie mit Steuerungselektronik.

VW baut Pilotanlage

VW hat immerhin entschieden, in Salzgitter eine Pilotanlage für die Zellfertigung zu errichten. Ob daraus eine Produktion im großen Maßstaß wird, steht in den Sternen. Bosch, einer der größten Autozulieferer weltweit, will sich Anfang 2018 zu seinen Plänen äußern.

Die Konkurrenz ist schon weiter. Samsung und LG bauen in Polen und Ungarn Zellfertigungen auf. Der chinesische Konzern CATL sucht offenbar nach einem Standort in Polen. Warum aber sind europäische Unternehmen so zurückhaltend, wenn es um den Einstieg in diese Kerntechnologie der Elektromobilität geht?

„Lithiumionen-Zellen sind heute Massenware. Die Produktionskapazitäten übersteigen die Nachfrage, und die Produzenten tun sich schwer, Gewinne zu erwirtschaften“, so Möller. „Wenn die Zahl der hergestellten E-Fahrzeuge – wie erwartet – stark steigt, könnte die betriebswirtschaftliche Rechnung aber attraktiver werden.“

Kürzlich gab es eine neue Nachricht. Ein Konsortium, das sich TerraE nennt, will den Bau einer Fabrik für Zellen in der Bundesrepublik angehen. Dazu gehören Firmen wie der Anlagenbauer Thyssen-Krupp, der E-Transporter-Hersteller Streetscooter und der Zellproduzent Litarion. Fraunhofer-Forscher Doetsch findet das richtig: „Europäische Unternehmen sollten die Zelltechnologie beherrschen.“

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