Tarifeinigung bei Öffentlich-Rechtlichen: Sonderweg statt Kompromiss

Die Betriebsrenten bei ARD und Deutschlandfunk sollen langsamer steigen als die Gehälter. Darauf haben sich Sender und Gewerkschaften geeinigt.

Eine Person sitzt in einem Aufnahmestudio.

Wer hier die Kopfhörer aufhat, bekommt bisher noch oft zu hören, wie privilegiert er im Alter sein wird Foto: dir

Wenn jemand, der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wenig wohlgesinnt ist, veranschaulichen will, dass dort zu viel Milch und Honig fließen, dann verweist er auf die Altersversorgung. Bisher stiegen die Betriebsrenten dort dynamisch, also genauso stark wie die Gehälter der aktiv Beschäftigten. Das soll sich nun ändern. Die ARD und das Deutschlandradio haben das mit der Gewerkschaft Ver.di, dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und der Deutschen Orchestervereinigung gerade vereinbart.

Die neue Regelung sieht vor, dass bei Tariferhöhungen ab 2 Prozent die Betriebsrenten um 1 Prozent weniger erhöht werden, bei Tariferhöhungen zwischen 1 und 2 Prozent hingegen genau um 1 Prozent steigen sollen. „Die finanziellen Belastungen durch die Versorgungssysteme“ würden „spürbar verringert“, sagt die ARD-Vorsitzende Karola Wille. Frank Werneke, stellvertretender Ver.di-Vorsitzender, spricht von „großen materiellen Zugeständnissen“.

Seit 2013 verhandeln Sender und Gewerkschaften in der Sache. Im Mai dieses Jahres gab es einen Teilerfolg: ein sogenanntes Eckpunktepapier. Nach einer weiteren Verhandlungsrunde haben die Beteiligten einen Kompromiss erreicht. Notwendig geworden waren die Gespräche, weil die ARD und das Deutschlandradio den bisherigen Versorgungstarifvertrag gekündigt hatten – im Gegensatz zum ZDF.

Umsetzung noch nicht sicher

Bewegung kam im Jahr 2016 in die Debatte, als die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in einem ihrer turnusmäßigen Berichte die hohen Ausgaben für die betriebliche Altersvorsorge kritisierte. Die Kommission bezifferte sie für ARD, ZDF und Deutschlandradio für den Zeitraum von 2017 bis 2020 auf 2,12 Milliarden Euro. Dass die Vereinbarung „jedenfalls im Grundsätzlichen“ den wiederholten Forderungen der KEF nach einer „Begrenzung der Dynamisierung der Betriebsrenten“ Rechnung trägt, beurteilt die Kommission auf taz-Anfrage positiv. Für eine weitergehende „Bewertung“ sei es aber noch zu früh.

Ob die frische Einigung wirklich umgesetzt wird, ist noch längst nicht klar. Das hängt davon ab, ob auch der ebenfalls öffentlich-rechtliche, allerdings mit Steuergeldern finanzierte Auslandssender Deutsche Welle (DW) die Regelung übernimmt.

Laut DW-Sprecherin Vera Tellmann ist das aber „beim besten Willen“ nicht möglich. Die Altersversorgung machte schon 2015 13 Prozent des DW-Etats aus, Tendenz steigend. Übernehme man die von den Gewerkschaften mit ARD und Deutschlandradio getroffene Regelung, würde er noch steigen. Während also die Reform für die anderen Sender eine Erleichterung wäre, hieße sie für die DW das Gegenteil.

Weitere Verhandlungen?

Die Deutsche Welle will einen weiteren Verhandlungstermin am 12. September. Hendrik Zörner, Sprecher des DJV, sagt allerdings: „Aus unserer Sicht gibt es keinen Verhandlungsbedarf.“ Sein Verband hoffe, dass die DW „zur Vernunft“ komme und das Ergebnis akzeptiere. Es sei „wenig nachvollziehbar“, dass der Sender zu einem Zeitpunkt, wo eine Einigung vorliege, eine „Extrawurst“ verlange.

Die DW wirft den Gewerkschaften dagegen vor, deren Wortmeldungen widersprächen getroffenen „Vorabsprachen“.

„Wir akzeptieren keinen Sonderweg“, droht Ver.di-Mann Werneke. Wenn mit der DW keine Einigung zustande komme, werde seine Gewerkschaft das Ergebnis auch für die ARD-Anstalten und Deutschlandradio „nicht mittragen“. So drastisch will es der DJV nicht formulieren. Er wolle „keinen Sturm im Wasserglas anfachen“, sagt Sprecher Zörner.

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