Berliner Szenen
: Einsatz 100 Euro

Trickser

Siegessicher zeigte die Frau auf eine Schachtel

„One, two, three. One, two, three“, sagt er, während er drei kleine Schachteln in Windeseile hin- und herschiebt. Der Trick dabei? Betrug. Unter der offenen, nicht sichtbaren Seite sind in einer der Schachteln zwei kleine Kugeln. Wer errät, in welcher Schachtel die Kugeln stecken, bekommt hundert Euro. Wer falsch liegt, muss hundert Euro blechen. Simpel, aber unlösbar. Nun fragt man sich, wer unter diesen Spielregeln mitspielt. Niemand, würde der gesunde Menschenverstand sagen.

Das dachte ich auch, bis ich gestern eines Besseren belehrt wurde. Ich fuhr gerade mit dem Fahrrad auf der Museumsinsel, als ich vor einer Menschen­traube bremste. Genau um einen solchen Trickbetrüger hatten sich schaulustige Touris­ten und mutmaßliche Komplizen des Betrügers versammelt. Erst dachte ich, die Touris würden nur lustig schauen. Doch dann begann eine Frau sich auf das Spiel des Teufels einzulassen. „One, two, three. One, two, three“, zischte der Mann. Siegessicher zeigte die Frau auf eine Schachtel. Sie war leer. „One hundred euros, please“, sagte der Mann, in einem Ton, der alle weichen Töne tötet. Die Frau zögerte kurz, aber gab sich dann ge­schlagen. Sie reichte ihm tatsächlich einen Hundert-Euro-Schein, der in Sekundenschnelle in seiner Hosentasche verschwand.

„Wie kann das sein?“, dachte ich. Warum lässt sie sich überhaupt darauf ein, wenn der Spieleinsatz hundert und nicht zehn Euro beträgt? Mit gesenktem Kopf verließ die Frau unter den irritierten, bemitleidenden Blicken der anderen die Spielfläche. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass die Frau vielleicht auch seine Komplizin sein könnte und eben alles nur geschauspielert war. Komplett verwirrt fuhr ich weiter. Noch von weitem hörte ich seine Worte. „One, two, three. One, two, three.“ Eva Müller-Foell