Nach G + J-Umzug: Ideen für das Geisterschiff

Gruner + Jahr baut ein neues Verlagsgebäude in der Hafencity. Das alte übernimmt die Stadt Hamburg, die aber noch nicht weiß, was sie damit machen soll. Wir hätten da ein paar Vorschläge:

Was tun damit? Den Noch-Firmensitz von Gruner + Jahr übernimmt die Stadt Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Verlag Gruner + Jahr (G + J) hat einen Investor für sein neues Gebäude in der Hafencity gefunden. Die Warburg-HIH Invest Real Estate finanziert den Neubau am Lohsepark. In der Nähe zu den Deichtorhallen soll für voraussichtlich 250 Millionen Euro bis 2021 ein Gebäudekomplex entstehen, der den neuen Unternehmenssitz und Wohnungen beherbergt. G + J war fast 30 Jahre in dem markanten Gebäude am Baumwall ansässig. Der mit Titanzinkblech verkleidete graue Bau soll mit seinen auf Stützen stehenden Gebäuden an die Kräne im Hafen erinnern. Die Architekten ließen den maritimen Einfluss auch durch Bullaugen und Relings wirken.

Die Stadt hat die Immobilie gekauft und will sie ab 2021 nutzen. Was sie nach einer umfangreichen Sanierung damit machen möchte, steht indes noch nicht fest. Die Redaktion der taz hat Vorschläge gesammelt, was wir anstelle von Gruner + Jahr an der Elbe sehen möchten.

Mehr Musicals

Hamburg ist Musicalstadt, bisher allerdings nur bundesweit. Zwei Millionen BesucherInnen kommen jährlich, um „König der Löwen“, „Tanz der Vampire“ oder Udo Lindenbergs „Hinterm Horizont“ zu sehen. Global betrachtet ist Hamburg nur an dritter Stelle. New York und London ziehen noch mehr Busse mit TouristInnen an. Das muss sich ändern, Hamburg braucht noch mehr Musicals! Und da bietet sich das Verlagsgebäude in Elbnähe bestens an. Groß genug ist das Gebäude auch, um zwei, drei oder vier Stücke gleichzeitig aufzuführen. Das dürfte die hiesige Kulturlandschaft endlich auf internationales Niveau hieven.

Das Gebäude am Baumwall 11 wurde von den Architekten Steidle, Kiesseler und Schweger sowie ihren Partnern entworfen und geplant und zwischen 1987 und 1990 errichtet. Es besteht aus zwei Teilen und einem Turm.

Auf dem Grundstück von rund 27.720 Quadratmetern befindet sich auch das Getreideheberhaus, ein altes Kontorhaus, das 1983 als denkmalschutzwürdig eingestuft wurde.

Die Stadt hat letztes Jahr das Gebäude gekauft. Der Preis wird aber erst 2021 ermittelt.

Die Finanzbehörde rechnet mit hohen Umbau- und Sanierungskosten. Vor allem die Renovierung des energetischen Gebäudezustands des 30 Jahre alten Hauses könnte teuer werden.

Der Einzug der Stadt findet somit deutlich später als 2021 statt. Bis 2024 kann G + J als Mieter im Gebäude bleiben. Danach werden die knapp 2.000 Mitarbeiter im neuen Standort am Lohsepark arbeiten.

Der Plan der Stadt ist, in der Zukunft Büroflächen zur Verfügung zu haben. „Die Stadt wird in den nächsten Jahren genug Bedarf haben, ihre Bediensteten in geeigneten Räumen unterzubringen“, heißt es aus der Finanzbehörde.

Escape Room Bürgeramt

Die Stadt sollte bei der Nutzung an die Bürger denken, die schon seit Langem über die Wartezeiten in den Kundenzentren klagen. Warum nicht das stundenlange Rumsitzen durch Denksport ersetzen? Sogenannte Escape Rooms sind seit Jahren angesagt. Das Prinzip dahinter ist, sich mit seinen Freunden oder Arbeitskollegen zum Spaß in einen Raum einschließen zu lassen, in dem man Rätsel lösen muss, um den Schlüssel für die Tür zu finden.

Am Baumwall könnte das erste Kundenzentrum entstehen, in dem Antragsteller durch kryptische Hinweise die richtigen Formulare selbst aufspüren müssen. Kugelschreiber verstecken sich unter Blumentöpfen, Sachbearbeiter müssen in einem Wirrwarr aus anonymen Büros gefunden werden und der Kassenautomat zum Bezahlen ist nur über eine selbstgebaute Leiter aus Büroutensilien erreichbar. So würde sich auch niemand mehr darüber aufregen, dass ein Urlaubstag für den neuen Reisepass verloren geht.

Vermietung an Verwerfliche

Hamburg braucht mehr fiese Unternehmen! Über die Otto Group, die Drogeriekette Budnikowsky, die Optikerkette Fielmann und die anderen langweiligen lokalen Wirtschaftsgrößen kann sich einfach niemand aufregen. Und G + J sticht nun auch nicht aus dieser Aufzählung heraus.

Das Verlagsgebäude bietet sich deshalb als optimale Schaltzentrale für Waffenhersteller, Banken mit großer Hedgefonds-Abteilung oder Umweltsünder wie Shell an. Außerdem machen solche Fiesen ja immer so viel Umsatz, dass die Gewerbeeinnahmen Hamburgs in luftige Höhen sprudeln dürften.

Neue Chance für die Music Hall

Nachdem die Konzerthalle schon in der Rindermarkthalle von Edeka & Co. ausgebootet wurde und im Feldstraßenbunker ja auch nur eine abgespeckte Form entsteht, wäre das jetzt mal wieder eine Chance für die Music Hall. Denn Event-Locations in ernst zu nehmender Größe gibt es im Viertel nicht.

Gut, es gibt Tausende Clubs. Und dieses unglaublich riesige Konzerthaus mit dem zackenförmigen Dach. Aber eben keine Music Hall. Ins Erdgeschoss könnte Gewerbe, also alles, was man dringend braucht: ein Laden für Hundekleidung, ein Haustierfrisör, ein Laden für Kaffeekapseln in 8.657.000 Geschmacksrichtungen.

Kulinarisches Event

Das gastronomische Angebot auf der Ecke ist ja nicht so dolle. Fischbrötchen sind schön und gut, aber die kann man auch nicht immer essen. Für kulinarische Vielfalt wäre eine Gastro-Mall wünschenswert. Was dabei nicht fehlen dürfte: mindestens zwei bis drei Burgerläden im New-York-Style, ein Craft-Beer-Laden, ein All-you-can-eat-Sushi-Restaurant. Für Traditionsbewusste: ein bayrisches Bierdorf, für Ernährungsbewusste: eine Müslibar. Ein Frozen-Yogurt-Laden, ein fresher Shop mit Salaten und Green Smoothies. Zum Sattwerden: Burger King, Mc Donalds, Blockhouse. Wegen hanseatisch und Waterkant und so: Gosch, Nordsee.

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