CDU-Spitzenkandidat von der Leine: Niedersachsens Scheinriese

Bernd Althusmann fehlt das Format zum Spitzenpolitiker. Dennoch könnte er bald Regierungschef in Hannover werden.

Althusmann vor Mikrofonen

Stattliche Physis zwar, aber politisch eher wie Tur Tur bei „Jim Knopf“ Foto: dpa

Schröder, Wulff, Gabriel, von der Leyen, Rösler, Althusmann – Althushäh? Die Liste niedersächsischer Politiker, die es in Berlin weit gebracht haben, ist lang. Aber nicht so lang, dass sich selbst in der Landeshauptstadt Hannover jemand vorstellen könnte, dass sich hier jemals der CDU-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten einreihen könnte. Auch in der eigenen Partei gilt Bernd Althusmann als Notlösung. Aber: Je mehr das Ansehen von Amtsinhaber Stephan Weil im niedersächsischen Intrigenstadl leidet, desto mehr läuft es auf den Pastorensohn aus Lüneburg hinaus. Jüngste Umfrage: CDU 40, SPD 32 Prozent.

Althusmann ist eine Art niedersächsischer Tur Tur. Stattliche Physis zwar, aber politisch eher ein Scheinriese wie in „Jim Knopf“. Der 51-Jährige stammelt in die Kameras, er sei „fassungslos“, dass Weil eine Erklärung zum Dieselskandal mit VW abgestimmt habe. Gleichzeitig wird ruchbar, dass die Kumpanei auch unter CDU-Landeschefs wie Christian Wulff oder David McAllister Praxis war. Ja hallo: Es geht um gut 100.000 Jobs allein in Niedersachsen.

Verzweifelt wehrt sich Althusmann derzeit auch gegen den Vorwurf, es habe ein „unmoralisches Angebot“ seiner Partei an die irrlichternde Exgrüne Elke Twesten gegeben – dabei bezeugen dies mehrere Abgeordnete glaubhaft. Zuvor hatte er sich schon mit nicht belegbarem Hörensagen über Behördenpannen beim Berliner Attentäter Anis Amri blamiert.

Seine CDU ist personell ausgelaugt, dennoch ist das fehlende Format von „Panzer“ ein Problem. So benannte die taz 2003 den einstigen Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion, als der einstige Bundeswehroffizier durch schnarrenden Ton und hohles Pathos auffiel. Althusmann gilt immer noch als verbissener Technokrat – und als etwas angsteinflößend.

Plagiatsaffäre um Althusmanns Doktorarbeit

Dabei überstand der Hauptmann der Reserve 2011 nur mit dem charakteristischem roten Kopf eine Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit: Die Zeit hielt sie für „eine großflächig angelegte Kollage von Zitaten“, Prüfer der Uni Potsdam 2007 hatten das Werk im dritten Versuch mit der schlechtestmöglichen Note „rite“ durchgewunken.

Immerhin versorgte die Partei ihren Kultusminister nach der Wahlschlappe 2013 mit einem Posten bei der Konrad-Adenauer-Stiftung im entfernten Namibia. Althusmann hatte zuvor für die CDU das Turbo-Abi durchgeprügelt, auch die umstrittene Inklusion. Nun rudert er – wen wundert’s – auch hier wieder zurück.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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