Die Deutsche Wohnen
setzt auf Kreuzmitte

Anleger In Kreuzberg seien Mieten von 12 Euro zu erwarten, verspricht Berlins größter Vermieter

Vor nicht allzu langer Zeit hat Michael Zahn versucht, seine Mieter zu beschwichtigen. Die Modernisierungspraxis bei der Deutschen Wohnen könne so schlimm nicht sein, da die Durchschnittsmiete der 110.000 Wohnungen in Berlin bei 6,09 Euro pro Quadratmeter kalt liege. Zahn hat diesen Satz medienwirksam vor dem Bauausschuss des Abgeordnetenhauses formuliert, vor den er als Chef der Deutschen Wohnen zitiert wurde. Kritiker des Unternehmens sagen, er sei mehr seinen Aktionären verpflichtet als seinen Mieterinnen und Mietern.

Seit Montag nun haben es die Mieter schwarz auf weiß. In einem Prospekt, der der Berliner Zeitung zugespielt worden war, warb die Deutsche Wohnen bei Anlegern mit der Zukunft von „Kreuzmitte“. Langfristig würden dort die Mieten auf 11 bis 12 Euro pro Quadratmeter steigen, also das Doppelte, von dem Zahn behauptet habe, es sei der Schnitt bei der Deutschen Wohnen.

Denn die 6 Euro zahlt nur, wer in einer unsanierten Wohnung lebt. Doch Modernisierung und anschließende teure Mieterhöhungen sind das Kerngeschäft der Deutschen Wohnen. Michael Klage vom Bündnis Otto-Suhr-Siedlung ist deshalb wenig überrascht. „Ich habe nichts anderes erwartet“, so Klage zur taz. „Nach der Modernisierung steigt die Miete nicht selten um 50 Prozent.“

In der Kreuzberger Otto-Suhr-Siedlung will die Deutsche Wohnen derzeit 340 Wohnungen in der Kommandanten- und Stallschreiberstraße energetisch sanieren. Das allerdings hat der Bezirk vorläufig untersagt, erklärt der grüne Baustadtrat Florian Schmidt. Insgesamt hat die Deutsche Wohnen 1.700 Wohnungen in der Siedlung aus den fünfziger Jahren, die zu den ärmsten in Berlin gehört. Einen Teil davon hat die Aktiengesellschaft in einem ersten Bauabschnitt bereits modernisiert.

Nun hoffen viele Mieter auf eine Ausweisung des Quartiers als Milieuschutzgebiet. Dann könnte der Bezirk etwa den Einbau teurer Bäder untersagen. Das vorgesehene Gebiet umfasst laut Schmidt eine Fläche von 73,5 Hektar, auf der 15.000 Menschen leben. Ende des Jahres soll es so weit sein.

Den Mietern wäre aber schon geholfen, wenn Eigentümer nicht 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umlegen könnten. Doch das entscheidet die Bundespolitik. Mieteraktivisten wie Klage suchen deshalb auch das Gespräch mit den Parteien im Bundestagswahlkampf. Uwe Rada