Ausstellungsempfehlung für Berlin: Im Netz der Narrative

Oscar Enberg widmet sich bei Frankfurt am Main dem Mythos von Leda und dem Schwan. Ein Interview mit Kuratorin Maurin Dietrich

Oscar Enberg, „Der Amethyst, Die Opale, Die Agamemnon“, 2017, (Installationsansicht) Foto: Trevor Lloyd, Courtesy Frankfurt am Main und Oscar Enberg

Als erotisches Sujet hat die Geschichte von Leda und dem Schwan im Laufe der Kunstgeschichte zahlreiche Interpretationen erfahren, bietet sie doch Gelegenheit, weibliche Nacktheit ohne männlichen Gegenpart zu präsentieren.

Dass sich der junge neuseeländische Bildhauer Oscar Enberg nun ebenfalls an einer Abbildung versucht, liegt auch an dem Ort, in dem er diese zeigt. Das Neuköllner Ladenlokal, in dem sich heute der Kunstraum Frankfurt am Main befindet, war zuvor unter anderem ein Bordell – prädestiniert also für die Beschäftigung mit dem männlichen Blick auf die Frau.

Frankfurt am Main

nach Vereinbarung: info@frankfurt-am.com

Bis 10. 9..,

Wilenbruchstr. 15

In Enbergs Version hängen Leda und den Schwan als Marionettenpaar von der Decke, der Schwan, dekonstruiert, kopflos am Spazierstockschwanenkopf befestigt, Leda, die Kopie einer Marionette von Sophie Taeuber-Arp aus dem Commedia-dell’Arte-Märchen „König Hirsch“. Der Titel wiederum, „Der Amethyst, Die Opale, Die Agamemnon“ ist von den Erotikzeitschriften Der Amethyst und Die Opale, herausgegeben von Franz Blei, entlehnt.

So ist es stets bei Enberg: Er verflicht Verweise und Zitate aus Literatur, Mythologie und Kunstgeschichte zu einem vielschichtigen Netz. Dass er zudem seine überaus schönen Objekte von Kunsthandwerkern fertigen lässt, führt zu weiteren narrativen Ebenen – und Fallstricken, in denen man sich nur zu gerne verheddert.

Einblick (686): Maurin Dietrich, Kuratorin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Maurin Dietrich: Die kanadische Künstlerin Emma LaMorte hat bei Ashley Berlin gerade ganz tolle Arbeiten gezeigt, in denen sie mit Wandteppichen arbeitet, die sie als textile Collage zusammenstellt und deren Inhalt zwischen mythologischer Vorlage und Pop funktioniert.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Maurin Dietrich studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften in Berlin und arbeitet als Assistenzkuratorin in den KW Institute for Contemporary Art. Nebenbei arbeitete sie an unterschiedlichen Ausstellungen und Publikationen, unter anderem „To smile in the cheese, to lie in the butter“ (2016, Kunstsæle) zusammen mit Kate Brown. Sie arbeitete für schir art concepts in Tel Aviv und Berlin sowie für die 9. Berlin Biennale mit DIS.

Ich freue mich sehr auf das Atonal Festival und auf Emma/Magic Island am 26. September bei Internet Explorer.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Leste Magazin und Girls Like Us! Das Buch „How to murder your life“ von Cat Marnell, und „Cool for You“ von Eileen Myles habe ich gerade fertig gelesen. Außerdem lese ich gerade die sehr unterhaltsamen und schlauen (aber noch unveröffentlichten) Dialoge zwischen Ricarda Messner und Andre Harris, „the 90s traumatized me“.

Was ist dein nächstes Projekt?

Ich arbeite gemeinsam mit Cathrin Mayer an einer Einzelausstellung mit Heike Karin Föll die bei TONUS in Paris zur Fiac/Paris International im Oktober eröffnet. Es wird die erste Einzelpräsentation ihrer Arbeiten in Frankreich sein.

Mit Kate Brown arbeite ich an einer episodischen Ausstellung, die in Form von öffentlichen Momenten in 2017 und 2018 stattfindet. Das erste Kapitel war ein Reading mit den Autorinnen Natasha Stagg und Emily Segal. Es folgen Veranstaltungen im September in Berlin und im Oktober in Vilnius, Litauen.

Außerdem eröffnen wir in den KW im September eine Einzelausstellung von Willem de Rooij, an der wir schon lange gearbeitet haben und das auch Projekte von unter anderem Armin Lorenz Gerold, Keto Logua, Richard Frater und Mavis Tetteh-Occloo umfasst.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Das von Nele Heinevetter frisch eröffnete Tropez, ein Kiosk mit Kunstprogramm im Sommerbad Humboldthain und dort der Frozen Rose.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz.

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