Mangel an bezahlbarem Wohnraum: Alle unter einem Dach

Junge Geflüchtete, Studierende und Azubis finden kaum noch Wohnungen. Durch die Schaffung gemeinschaftlicher Wohnformen soll sich das ändern.

Und alle müssen sie auch noch irgendwo wohnen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BREMEN taz | Wohnraum insbesondere für Studierende, junge Geflüchtete und Auszubildende ist in Bremen knapp wie nie zuvor. Wer auf günstige Wohnungen angewiesen ist, hat deshalb ein Problem.

Gerade vor Beginn der neuen Hochschulsemester sind wieder tausende Studierende auf der Suche nach günstigen Zimmern. Karin Luckey, Rektorin der Hochschule Bremen, hatte zuletzt vorgeschlagen, dass Studierende in die frei werdenden Gebäude von AB Inbev und Mondelez einziehen könnten.

Jens Tittmann, Sprecher des Bauressorts, schließt das aus. Die Brauerei sei ein produzierender Betrieb und laut Baugesetzbuch sowie dem Bundesemissionsgesetz sei Wohnen dort verboten, so Tittmann. „Entweder Bierbrauen oder Studentenwohnheim, beides geht nicht“, sagt der Bauressort-Sprecher.

Grundsätzlich will das Bauressort günstigen Wohnraum schaffen. Im alten Postamt 5 und beim ehemaligen Concordia-Theater sollen laut Tittmann insgesamt 360 neue Appartements entstehen. Für studentisches Wohnen sei das Bauressort allerdings überhaupt nicht zuständig, sondern das Wissenschaftsressort unter Senatorin Eva Quante-Brandt (SPD). Die geplanten Appartements am Postamt 5 und am Concordiatunnel würden durch private Investoren realisiert, so Tittmann weiter. Dass die Wohnungen dort auch auf lange Sicht ausschließlich von Studierenden bewohnt würden, könne daher niemand garantieren.

Besonders prekär ist die Wohnungsnot derzeit in der Neustadt. Im bei jungen Leuten beliebten Stadtteil gibt es aktuell nur ein Wohnheim mit 63 Plätzen. „Das Beck’s-Hochhaus und das Mondelez-Gebäude wären sehr attraktive Standorte“, sagt Ulrich Berlin, Pressesprecher der Hochschule Bremen. Er habe schon von konkreten Fällen gehört, bei denen die Wohnungsnot soweit geht, dass sich Studierende dafür entscheiden, nach Bremerhaven oder ins Bremer Umland zu ziehen. „Studierende wollen eigentlich nah an der Uni sein“, sagt er.

Auch das Studentenwerk konstatiert lange Wartelisten für seine Wohnheim-Plätze. „Aktuell stehen knapp 600 Personen auf unserer Warteliste“, sagt Maurice Mäschig, Sprecher des Studentenwerks Bremen. Die Warteliste sei im Vergleich zu den vergangenen Jahren weiterhin auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Er rechnet derzeit damit, dass die Warteliste noch auf über 800 Suchende ansteigen wird.

Laut AStA der Uni Bremen könne das Studentenwerk bei rund 30.000 Studierenden in der Stadt mit 1.786 Wohnheimplätzen nur für etwa sechs Prozent der Studierenden eine Unterbringung bereitstellen. Der AStA sieht „dringenden Handlungsbedarf“ und fordert, den weiteren Anstieg der Mietpreise zu verhindern.

Jens Tittmann, Sprecher des Bauressorts

„Entweder Bierbrauen oder Studentenwohnheim, beides geht nicht“

Aber nicht nur Studierende haben immer häufiger Probleme, adäquaten Wohnraum zu finden. Betroffen sind auch junge Auszubildende sowie junge Geflüchtete, die derzeit viel länger als nötig in den Jugendhilfeeinrichtungen verbleiben, obwohl sie teilweise schon volljährig sind. Die Fraktionen der SPD und Grünen haben deshalb einen Dringlichkeitsantrag in die Bürgerschaft eingebracht und fordern die Entwicklung und Umsetzung neuer, gemeinschaftlicher Wohnformen für Studierende, Azubis und junge Geflüchtete. Ihre Idee: Nicht mehr benötigte Jugendhilfeeinrichtungen so umzuwidmen und umzubauen, dass die jungen Menschen gemeinsam dort leben können. Neben dem Ziel, damit bezahlbares Wohnen für verschiedene Personengruppen zu ermöglichen, soll damit gleichzeitig eine „Separierung von jungen Geflüchteten“ verhindert werden, heißt es im Antrag.

„Wir gehen von 1.400 jungen Geflüchteten aus, die bereits volljährig sind“, sagt Sahhanim Görgü-Philipp, die Grünen-Sprecherin für Soziales, Integration und Jugend. Die überwiegende Anzahl davon habe keinen weiteren Bedarf an Jugendhilfe, müsse also eigentlich gar nicht mehr in den Jugendhilfeeinrichtungen wohnen. „Leider ist das größte Problem nach wie vor, bezahlbaren Wohnraum zu finden, da der Wohnungsmarkt in Bremen insgesamt sehr angespannt ist“, sagt Sahhanim Görgü-Philipp. „Die jungen Leute, die ich gesprochen habe, freuen sich auf ein eigenständiges Leben.“

Der Senat soll nun Vorschläge entwickeln, welche Gebäude für die Umwidmung infrage kommen. Görgü-Philipp geht davon aus, dass durch die Etablierung gemeinschaftlicher Wohnformen auch Kosten gespart werden können: Denn erstens würde der Personalschlüssel für die – ja eigentlich nicht mehr betreuungsbedürftigen – jungen Menschen wegfallen, und es könnten außerdem Mieteinnahmen erzielt werden.

Das Bremer Sozialressort arbeite bereits an Konzepten, um diese gemeinschaftlichen Wohnformate zu realisieren, so Dorothea Staiger aus dem Sozialressort. „Wir haben großes Interesse daran, für junge Geflüchtete Wohnraum zu schaffen“, sagt sie. Es gebe sehr konkrete Bestrebungen, den Inhalt des Dringlichkeitsantrags umzusetzen.

Die Mietverträge der bisherigen Jugendhilfeeinrichtungen sähen ohnehin eine Umnutzungsklausel vor, sagt Görgü-Philipps. Wichtig sei aber, dass nur die überzähligen Einrichtungen umgewandelt werden sollen, „denn Bremen muss auch weiterhin den Bedarf für die Jugendhilfe decken“.

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