Parlament in Frankreich: Macron macht auf Moral

Frankreichs Nationalversammlung verabschiedet infolge der Fillon-Affäre ein Gesetz zur „Moralisierung der Politik“. Gemauschel soll schwieriger werden.

Der französische Politiker Fillon hält seine Frau im Arm

Nicht ohne meine Frau? Nicht mit Macron. Einige Familienmitglieder von Politikern verlieren jetzt ihre Jobs Foto: reuters

PARIS taz | Im französischen Parlamentsbetrieb gelten neue Regeln. Sie sollen Interessenkonflikte und Klientelismus vermeiden und das Vertrauen in die Politik wiederherstellen. Die neue Mehrheit in der Nationalversammlung hat damit gleich zu Beginn eines der wichtigsten Wahlversprechen von Präsident Emmanuel Macron umgesetzt. Wirtschaftliche Reformen und schmerzhafte Sparbeschlüsse stehen erst nach der Sommerpause auf dem Programm.

Die nun gesetzlich verordnete Sauberkeit und Transparenz in der Politik stößt in der Gesellschaft auf breite Zustimmung. Nicht alle aber applaudieren. Eloïse Favennec verliert wegen der Verabschiedung der Gesetze zur „Moralisierung der Politik“ ihren Job. Seit neun Jahren war sie parlamentarische Assistentin ihres Ehemanns, der als Abgeordneter gerade im Departement Mayenne wiedergewählt worden ist. „Ich hatte eine Arbeit, die ich gut und redlich gemacht habe,“ sagt sie.

Ihrer Meinung nach gehen die neuen Regeln, die die Beschäftigung von Verwandten und ­Angehörigen als Mitarbeiter verbieten, viel zu weit. Sie betrachtet sich als „kollaterales Opfer der Fillon-Affäre“. Der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon hatte viele Jahre lang seine Gattin Pénélope als Assistentin mit öffentlichen Mitteln für eine ­Mitarbeit bezahlt, deren Realität bezweifelt wird. Solche ­Praktiken waren in Frankreich üblich, heute aber schockieren sie.

Zugleich sieht das Gesetz vor, dass Politiker nicht mehr wie früher aus der Parlamentskasse Mittel zur Verfügung haben, die sie nach Gutdünken für lokale Subventionen verteilen können. 130 Millionen Euro hatten die Abgeordneten und die Senatoren zuletzt für diese oft fragwürdige Finanzierung von Vereinigungen ausgegeben. Das galt als Form von Klientelismus.

Mehrheit nach chaotischer Debatte

Zudem müssen die Abgeordneten Belege für die Spesenentschädigung liefern. Zuvor bekamen sie eine Pauschale. Wer als Politiker wegen Verbrechen oder entehrenden Delikten verurteilt wird, verliert außerdem die Wählbarkeit für eine vom Richter bestimmte Dauer. Betroffen von dieser Zusatzstrafe wären auch Anstiftung zu Rassenhass, Diskriminierung oder Beschimpfungen aufgrund der sexuellen Orientierung. Nur teilweise wurden dagegen parallele Aktivitäten der Parlamentsmitglieder als Berater während ihres Mandats zur Vermeidung von möglichen Interessenkonflikten untersagt.

Diese Gesetzgebung wurde von einer klaren Mehrheit verabschiedet. Trotzdem ging dem Votum eine von der Opposition „chaotisch organisiert“ genannte Debatte voraus. Auch die Medien kritisierten, wie amateurhaft viele der neuen Mitglieder der Nationalversammlung offenbar noch waren. Aus Protest über die schlechte Leitung der Debatte und die Behandlung der Opposition hatten die Konservativen von Les Républicains und die Linken der France insoumise (FI) mehrfach den Ratssaal verlassen.

„Da wir euch stören, könnt ihr unter euch weiterdiskutieren!“, rief der FI-Fraktionschef Jean-Luc Mélenchon den im Vorgehen uneinigen Abgeordneten von La République en marche (REM) ironisch zu. Der Staatssekretär für das Parlament, Christophe Castaner, hat den Neulingen seiner Fraktion für die Sommerpause schon mal das Studium der Reglemente der Nationalversammlung als Hausaufgabe aufgegeben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.