Merkels Wahlkampfauftakt in Sachsen: Kein Heimspiel für Angie

Das königs- und CDU-treue Erzgebirge bereitete der Kanzlerin einen gemischten Empfang. Die reagierte – wider Erwarten – mit Leidenschaft.

Angela Merkel auf einem Podium im Porträt, ihre rechte Hand zeigt in die Höhe

Merkel müsse weg, weil sie dem deutschen Volk auf Jahrzehnte geschadet habe, meinen viele AFDler Foto: dpa

ANNABERG taz | Angela Merkel in der heimlichen Erzgebirgshauptstadt Annaberg? Der Papierform nach muss ein solcher CDU-Wahlkampftermin in der traditionell konservativen Region als ein Heimspiel gelten. Erst im Juni veranstalteten hier 350 Abtreibungsgegner einen „Schweigemarsch für das Leben“.

Etwa so viele Anhänger mobilisierte am Donnerstag auch die Kanzlerin bei einem ihrer ersten Wahlkampfauftritte auf dem Markt der Weihnachtsstadt. Sie kam aus dem thüringischen Apolda, wo sie schon Schmährufe von etwa 30 Wutbürgern des Pegida-Ablegers „Thügida“ hinnehmen musste. In Annaberg kam es noch dicker.

Nichts zu sehen von Linken oder Gewerkschaftsfahnen, dafür fast so viel Blau-Rot der AfD wie das Schwarz-Rot-Gold der CDU. Die gesamte Dreiviertelstunde des Merkel-Auftritts pfiffen, trompeteten und brüllten bis zu 200 AfD-ler auf dem Markt, Seite an Seite mit aus Dresden bekannten Pegida-Gesichtern. Angestachelt noch durch die Ordnungsmaßnahme, sie hinter eine Barriere zu verbannen.

„Haut ab!“ und „Heuchler!“-Rufe waren in dem Dauerlärm auszumachen. Merkel müsse weg, weil sie dem deutschen Volk auf Jahrzehnte geschadet und das Vertrauen in den Staat untergraben habe, äußerten sie auf Nachfrage. Und „von denen“ – afrikanische Flüchtlinge am Rande der Veranstaltung – gebe es viel zu viele.

Routiniert die Wahlagenda abgespult

Die Bühnenprominenz, darunter Bundesinnenminister Thomas de Maizière, gab vorsichtig Kontra und versuchte ansonsten, den Eklat wegzulächeln. „Wenn Pfeifen pfeifen, ist kein Dialog möglich“, sagte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich später in die Mikrofone. Auch die Kanzlerin spulte zunächst routiniert die Wahlagenda der Union ab, bevor sie leidenschaftlicher wurde.

„Wir spielen die Gruppen in unserer Gesellschaft nicht gegeneinander aus, … nicht diejenigen, die erst vor kurzem zu uns gekommen sind gegen die, die schon lange hier leben“, ließ sie aufhorchen. Dann erklärte sie aber auch, dass sich ein Jahr wie 2015 nicht wiederholen solle und dürfe. Man müsse andere Wege der Hilfe finden.

Das unionstreue Erzgebirge zeigte sich aber auch. Merkel-Sympathisanten, die ihr im Namen Deutschlands und des Erzgebirges dankbar sind. Unter ihnen waren auch jüngere Anhänger und solche, die ebenso drastische Worte gegen die Brüller fanden wie diese für die angeblichen Volksverräter. Einmal in Fahrt, pfiffen die Protestler auch noch das abschließende Lied der Deutschen nieder.

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