Antiheldengedenken in Bramsche: Der Naziflieger-Gedenkstein bleibt

Die Stadt widmet die Gedenkstätte des NS-Fliegermajors Walter Nowotny in ein Antikriegs-Mahnmal um. Die Linken hatten einen kompletten Abriss gefordert.

Mahnmal statt Heldengedenken: Eine neue Tafel soll auf „einen vermeintlichen Helden eines Unrechtsregimes“ hinweisen. Foto: Harff-Peter Schönherr

BRAMSCHE taz | Tagesordnungspunkt 17, das dauert. Dann endlich ruft Stadtrat von Bramsche das Thema „Nowotny“ in der Sitzung am Mittwochabend auf. Und plötzlich kommt Leben in den Saal. Redner auf Redner tritt ans Pult. Allen vorweg Bürgermeister Heiner Pahlmann (SPD). TOP 17 ist das brisanteste Thema des Abends.

Es soll entschieden werden, was mit der Gedenkstätte für Jagdflieger Walter Nowotny geschehen soll, im Ortsteil Epe gelegen auf einer Wegefläche im städtischen Besitz, gepflegt vom städtischen Bauhof. Errichtet während des Zweiten Weltkriegs, 1959 von der Gemeinde Epe zu einem „würdigen Zustand“ erneuert, diente sie jahrzehntelang der Heldenverehrung.

Ende 1944 stürzte NS-Propagandaliebling Nowotny hier mit seiner Me 262 ab. Tage später betrauerte ihn die „Deutsche Wochenschau“ als „neuen Typ des jungen nationalsozialistischen Offiziers“.

Die Grünen im Stadtrat Bramsche

„Hätten wir schonvor vielen Jahren machen sollen“

Die Gedenkstätte sieht ­adrett aus. Mit gemauertem Sockel für eine Inschrift, gespickt mit ein paar Flugzeugtrümmern, geharktem Beet, Findlingen, mächtigen Eichen, einem Zaun drumherum. Vorschlag 1: belassen und durch eine neue Inschrift zum Anti-Kriegs-Mahnmal umwidmen. So empfiehlt es die im Mai von Pahlmann eingesetzte Arbeitsgruppe „Nowotny“, besetzt mit Vertretern aus Politik und Verwaltung, plus externen Beratern aus Militär, Kirche, Geschichtswissenschaft. Vorschlag 2: komplett abräumen. So fordert es Bernhard Rohe von der Linken.

Rohe verliert. Gegen 35 Stimmen für Vorschlag 1. Aber sein Alleingang hat sich trotzdem gelohnt: „Hätten wir uns in der Arbeitsgruppe nicht quer gestellt, wäre das Thema nie in den Rat gekommen, nie öffentlich diskutiert worden. Das sollte ja alles möglichst unter der Decke bleiben: Arbeitsgruppe kommt hinter verschlossenen Türen zu einem Konsens, Verwaltungsausschuss hakt den hinter verschlossenen Türen ab, fertig.“ Der Fall Nowotny wurde aber zu einer hitzigen, teils emotionalen Debatte.

Es gelte, so Pahlmann, „dem Gedenkstein jeglichen Charakter einer Heldenverehrung zu nehmen“, ihn „auch als Lernort“ zu nutzen. Die ursprüngliche Inschriftentafel hat er schon entfernen lassen: „Hier fiel am 8. 11. 1944 nach 258 Luftsiegen der Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten Major Walter Nowotny für Volk und Vaterland“, stand drauf. Wo sie mal war, klafft heute ein Loch im Mauerwerk.

Wie die neue Tafel aussehen wird, ist noch offen. Fest steht allerdings, dass es auf ihr heißt: „Dieser Gedenkstein dokumentierte in der ersten Nachkriegszeit eine Form der Erinnerungskultur, der wir nach unserem heutigen Wissen und Gewissen widersprechen.“

Jetzt mahne er, „nicht vermeintlicher Kriegshelden zu gedenken, die Teil eines Unrechtsregimes waren“, sondern „der Opfer des Krieges und der Menschen, die Widerstand gegen die menschenverachtende nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft geleistet haben“. Unangenehmes Thema. Die Grünen, etwas verschämt: „Hätten wir schon vor vielen Jahren machen sollen.“

Fall erledigt? Nicht ganz. Denn noch immer gibt es Ges­trige, die es am liebsten hätten, wenn in Epe alles so bliebe wie immer.

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