EU hilflos gegen Orbán: Gut zureden und drohen

Ungarn und Polen lehnen das EuGH-Urteil zur Flüchtlingspolitik ab. Wie es nun weitergehen soll, weiß in der EU niemand.

Wachmann mit Hund an einem Grenzzaun

Auch dort war die EU machtlos: Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien Foto: ap

BRÜSSEL taz | Ungarn und Polen laufen Sturm gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Flüchtlingspolitik. Das höchste EU-Gericht hatte am Mittwoch entschieden, dass der Beschluss zur Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen rechtmäßig ist. Die EU-Kommission fordert nun, dass auch Ungarn Flüchtlinge aufnehmen soll.

Damit tue die EU seinem Land „Gewalt an“, wettert Regierungschef Viktor Orbán in Budapest. Auch aus Warschau kommen harsche Töne. „Nicht nur für Polen, sondern für ganz Europa resultiert aus diesem Urteil nichts Gutes“, sagte Außenminister Witold Waszczykowski. Sein Land werde auch künftig keine Flüchtlinge aufnehmen,selbst eine Klage vor dem EuGH werde daran nichts ändern.

Bahnt sich da ein Aufstand der Osteuropäer gegen das höchste EU-Gericht an? Rütteln Ungarn und Polen an den rechtlichen Fundamenten der Union – und was könnten Berlin und Brüssel dagegen tun?

Zunächst nicht viel. Gut zureden und drohen – das ist bisher die Taktik der EU-Politiker. So forderte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Osteuropäer auf, das Urteil doch noch zu akzeptieren und die Quote endlich umzusetzen. Andernfalls komme ein neues Vertragsverletzungsverfahren auf die Länder zu.

Die EU-Kommission hatte bereits im Juni ein erstes Verfahren eingeleitet – ohne Erfolg. Der nächste Schritt wäre eine Klage vor dem EuGH.

Ungarn und Polen decken sich gegen­seitig gegen die „Nuklearoption“

Wenn auch das nichts bringen sollte, müsste die Europäische Union Sanktionen gegen die Verweigerer verhängen, fordert Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Für Finanzsanktionen haben sich auch Europaabgeordnete aller Fraktionen ausgesprochen. Die Bundesregierung lehnt dies allerdings bisher ab. „Wenn wir EU-Mittel kürzen müssten, um die Umsetzung von Urteilen zu erzwingen, stünde es wirklich schlecht um die EU“, sagte de Maizière. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat sich dagegen ausgesprochen.

Genauso hypothetisch ist die Drohung, Polen oder Ungarn das Stimmrecht im EU-Ministerrat zu entziehen. Denn dafür bräuchte es Einstimmigkeit im Ministerrat – doch die ist fast unmöglich zu erreichen.

Polen und Ungarn stützen sich gegenseitig. Orbán hat schon angekündigt, einen möglichen Vorstoß zum Entzug des Stimmrechts für Polen mit ­einem Veto zu blockieren. Umgekehrt dürfte auch Polen Orbán helfen, wenn es hart auf hart kommt. Theoretisch könnte die EU-Kommission zwar gegen beide Staaten ein Artikel-­7-­Verfahren eröffnen. Doch an diese doppelte Nuklearoption glaubt in Brüssel derzeit niemand.

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