Videoüberwachung in Berlin: Geisel packt ’ne Schippe drauf

Innensenator Geisel kündigt beim Spatenstich für neue Polizeiwache am Alexanderplatz regen Einsatz von Videotechnik an. Linkspartei schwer irritiert.

Innensenator Geisel (3.v.l.) beim Spatenstich. Das Überwachungsgerät hält sich noch im Hintergrund Foto: dpa

Eingeladen hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) zum symbolischen Spatenstich für eine Polizeiwache am Alexanderplatz. Das Areal unter dem Fernsehturm solle sicherer werden. Auch die Mitregierenden, Linke und Grüne, sind für die Wache. Dennoch gefror dem Innenpolitiker der Linken, Niklas Schrader, am Donnerstag bei dem Ortstermin das Lächeln. Geisel verkündete fröhlich, an kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Alexanderplatz kämen künftig nicht nur mobile Videokameras „anlassbezogen“ zum Einsatz. Auch stationäre Kameras seien denkbar.

Das hört sich fast an, als versuche da einer durch die Hintertür, eine ständige Videoüberwachung einzuführen. Nicht nur Journalisten interpretierten Geisels Worte so. „Stationäre Kameras haben wir im Koalitionsvertrag ausgeschlossen“, so der Kommentar des irritierten Linkenpolitikers Schrader.

Zur Erinnerung: Nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz im Dezember 2016 hatte die SPD auf die Einführung ständiger Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen gedrängt. Weil das mit Linken und Grünen nicht zu machen war, hatte man sich auf einen Kompromiss geeinigt: Die Polizei könne von Fall zu Fall auf öffentlichen Plätzen oder bei Versammlungen zeitlich begrenzt Kameras einsetzen, wenn sich der erhärtete Verdacht ergebe, dass dort Straftaten begangen würden. Das alles sei auf Grundlage des bestehenden Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog) nach Paragraf 24, also ohne Gesetzesänderung möglich, hieß es damals. Geplant sei der Einsatz mobiler Kameras, hatte Geisel seinerzeit zur Presse gesagt.

Zwei Anhänger mit der entsprechenden Technik hat die Polizei inzwischen gekauft. 60.000 Euro hat der Kleinere gekostet, 110.000 Euro der Größere. Den Kleineren hatte Geisel am Donnerstag zum Alex mitgebracht: Ein Häuschen aus Edelstahl von den Ausmaßen eines Dixiklos, das auf die Ladefläche des Anhängers montiert ist. Aus dem Dach ragt eine ausfahrbare Stange, an der Kameras befestigt sind. Mittels Computer oder Handy lassen sich die Kameras von außerhalb steuern, die Aufnahmen können gespeichert und versendet werden.

Wenn sich die Technik bewähre, würden weitere angeschafft, kündigte Geisel an. Die mobilen Kameras kämen an kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Kottbusser Tor, dem Alexander-, Hermann- und Leopoldplatz sowie auf der Warschauer Brücke zum Einsatz. Am Alex, Kottbusser Tor und an der Warschauer Brücke sei es aber auch denkbar, feste Kameras zu installieren, so Geisel weiter. Einen Widerspruch zum Koalitionsvertrag sehe er darin nicht. Denn auch die stationären Kameras würden „anlassbezogen ein- und ausgeschaltet“. Über die Intervalle entscheide die Polizei.

Linkspolitiker Schrader sagte, er wolle vor dem Einsatz das Konzept sehen. „Wenn die Kameras jedes Wochenende ständig laufen, wäre das mehr als grenzwertig.“ Geisel, von der Presse mit Schraders Statement konfrontiert, erwiderte achselzuckend: „Dann hätten sie das Innenressort übernehmen sollen.“

Die neue Polizeiwache soll vor Jahreswechsel eröffnen. Der Containerbau hat eine Fläche von 70 Quadratmetern und kostet rund eine Million Euro. Mitten auf dem Platz in der Nähe der Weltzeituhr stehend, ist er von überall zu sehen. 20 Polizisten seien künftig allein für den Alex zuständig, so Geisel. Die Wache werde rund um die Uhr mit drei Beamten besetzt sein. Für Kottbusser Tor, Görlitzer Park und RAW-Gelände werde es noch dieses Jahr 50 neue Polizeikräfte geben – 20 davon allein für den Kotti.

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