Warum wir das TV-Duell brauchen: Die Stimmung ist schön lauwarm

Ob Kampf oder Gekuschel, ist nicht entscheidend. Wir sollten uns auf das nächste Kanzlerduell in vier Jahren freuen.

Screenshot vom TV Duell

Reden viel, streiten wenig: Merkel und Schulz Foto: reuters

Wenn 17 Millionen Menschen Angela Merkel und Martin Schulz beim Reden zuschauen, dann ist das Lagerfeuerfernsehen wie noch in den neunziger Jahren und deshalb nur folgerichtig, dass Thomas Gottschalk das Gesehene im Anschluss kommentiert. Auch wenn es gar nicht wirklich etwas zu kommentieren gibt. Schließlich ist es weder Pokalfinale noch Diskurs-Pingpong. Jede Sportmetapher, die man an dieser Stelle bemühen will, ist sinnlos. Die Debatte zwischen Merkel und Schulz hatte nichts Spielerisches an sich und deshalb auch nichts mit einem Duell zu tun.

Aber natürlich war das schon vor Beginn der Sendung klar. Die starre Dramaturgie der Sendung hat keinen Spielraum zugelassen und jeden Schlagabtausch verhindert. Angela Merkel hat im Vorfeld für das Korsett gesorgt: die festen Themenblöcke, das Moderator*innenquartett, das an den vorbereiteten Fragen klebt.

Jede Demokratie bekommt das Duell, das sie verdient. Und dieses Duell passt gut zur demokratischen Gemütslage in dieser Zeit, in diesem Land. Niemand will zwei Kandidat*innen sehen, die sich wie Trump und Clinton fast auffressen. Dieses Zögern, mit dem sich Martin Schulz versucht, an seinen vorbereiteten Text zu erinnern. Er redet über viel, aber wenig über soziale Gerechtigkeit. Schulz will sich lieber vier Jahre zu spät über die Maut streiten und landet damit doch keinen Mini-Eklat. Und auch diese Biederkeit, mit der Angela Merkel in ihrem Schlussstatement einen schönen Abend wünscht. Das alles fasst die letzten vier Jahre Große Koalition gut zusammen.

Diese 97 Minuten Programm waren interessant, weil sie der Gradmesser für die Stimmung der letzten Wochen und Monaten waren. Das trifft auch auf die vier Moderator*innen zu. Der öffentliche Diskurs hat sich nach rechts bewegt. Diese These kann man so oder so ähnlich seit Jahren lesen. Nicht nur die alten Parteien sehen sich vor neue Konkurrenz von rechts gestellt – auch die alten Medien. Und deshalb klang das Duell zeitweise wie eine Pegida-Fragestunde, wo Islam = Terror die richtige Gleichung ist.

Jetzt regen sich viele auf, aber es braucht dieses Format. Wollen wir das in vier Jahren wiedersehen? Dann wieder mit einer amtierenden Kanzlerin nach vier Jahren Großer Koalition und vielleicht Manuela Schwesig als Kontrahentin? Auf jeden Fall – weil es vier Jahre Öffentlichkeit zu 90 Minuten Fernsehen kondensiert und wir dann besser verstehen, wofür es sich lohnt, wählen zu gehen.

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Jahrgang 1993, hat die Deutsche Journalistenschule in München absolviert und studiert in Berlin Philosophie und Musikwissenschaft. Seit 2016 arbeitet sie bei der taz im Ressort für Gesellschaft und Medien.

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