Subversive Aktion: Shitstorm von rechts statt Debatte

Die Online-Aktion VoteBuddy will eine Diskussion über Wahlberechtigung anstoßen. Das ist nicht so ganz gelungen.

Wahlzettel wird angekreuzt

Wer seinen Wahlzettel verschenkt, muss möglicherweise mehrere Jahre ins Gefängnis Foto: dpa

taz: Herr Fürst, das Peng!-Kollektiv hat gerade mit der Webseite „VoteBuddy“ für Aufsehen gesorgt. Diese sollte Menschen, die nicht wählen wollen, mit solchen zusammenbringen, die nicht wählen dürfen. Eine Stimmweitergabe also – und am Ende alles Fake. Wie ist die Aktion entstanden?

Sebastian Fürst: Das Theaterkollektiv andcompany&Co hat uns gefragt, ob wir zum Thema Wahlberechtigung etwas machen wollen. Wir hatten erst Bedenken, die Aktion wirklich durchzuführen und haben uns vorher juristisch abgesichert. Zuerst haben wir auch überlegt die Aktion wirklich durchzuführen; dafür würden wir aber für Jahrzehnte ins Gefängnis kommen. Deswegen haben wir uns für den Fake entschieden.

Was wollten Sie erreichen?

Wir wollten eine öffentliche Debatte über das Thema anregen. Neun Millionen Menschen dürfen nicht wählen; das sind mehr als vier Prozent der Menschen in Deutschland.

Haben Sie Ihr Ziel erreicht? In den Online-Netzwerken finden sich hauptsächlich Reaktionen von rechts.

Es ist schade dass es keine Diskussion gab. Die Reaktionen auf die Aktion waren von den Rechten dominiert. Erst in rechten Gruppen allgemein, dann kamen Reaktionen von Erika Steinbach und von den Identitären. Wir haben zwar gezielt Anzeigen auf Facebook geschaltet, die neben links eingestellten Menschen auch Patrioten, AfD-AnhängerInnen und CSUler erreichen sollten. Wir dachten, die Aktion würde vielschichtigere Diskussionen auslösen. Aber unsere Facebookseite ist sofort voll gewesen von Hass und Mordfantasien. Es war kein Raum da, um dort Gespräche zu führen.

Aber war es nicht abzusehen, dass es so laufen wird?

Wir haben uns im Vorfeld schon Gedanken dazu gemacht. Wir haben eine Taktik der AfD gegen die AfD angewandt. Wenn die zum Beispiel Fake-News verbreiten ist der Vorgang ähnlich: Egal wie dünn eine Story ist, wird diese massiv verbreitet. Da wird kein Unterschied zwischen Fake und seriösem Artikel gemacht.

Die virtuelle Aktion wird ab dem 19. September in der Dreikönigskirche in Dresden in Form eines Experiments auf der Bühne weitergeführt. Dort gibt es ein vom Staatsschauspiel Dresden mitinitiiertes Zusammentreffen und einen Austausch von Wahlwilligen und Wahlverweigerern.

Es gibt keine Demokratie in Deutschland, Stimmzettel für die AfD werden vernichtet; solche Fakes kursieren schon länger in Sozialen Netzwerken. Rechte MitläuferInnen haben in ihrer Filterbubble vielleicht nicht mitbekommen, dass es sich bei VoteBuddy um einen Fake handelt. Fühlen die sich jetzt nicht bestätigt?

Die Frage stellt sich immer: Bestätigt man Rechte in ihrer Opferrolle? Aber egal was man macht, sie bestätigen sich sowieso immer selbst.Wichtiger war uns, bürgerliche Linke zu erreichen und darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema Wahlberechtigung zu beschäftigen. Sich seinen Privilegien bewusst zu werden. Wir fordern ein Wahlrecht für alle, die seit mindestens einem Jahr in Deutschland leben.

Wie viele Menschen haben sich auf der VoteBuddy-Webseite angemeldet?

Insgesamt gab es über 700 Anmeldungen. Wer davon Nazi, Journalist, Polizist war, wissen wir nicht.

Menschen, die sich mit ernsthaftem Interesse angemeldet haben, sind jetzt möglicherweise enttäuscht.

Ja, manche sind vielleicht enttäuscht darüber, dass die Aktion ein Fake ist. Wir haben aber allen, die sich angemeldet haben, in einer Email erklärt, warum die Wahlzettelweitergabe nicht möglich ist. Ein solches System wäre auch Quatsch. Es kann nicht sein, dass Menschen ihre Stimme abgeben müssen, damit andere wählen dürfen.

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