Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch: Auch wer hilft, braucht Hilfe

Die vielen Rohingya aus Birma werden in ihrem armen Gastland positiv aufgenommen. Aber die lokale Bevölkerung ist langfristig überfordert.

Menschen stehen auf einem Dorfplatz Schlange

„Wir können 160 Millionen Menschen ernähren, also können wir auch 700.000 Rohingya-Flüchtlinge ernähren“, sagt Bangladeschs Premierministerin Foto: dpa

COX'S BASAR taz | Inzwischen dürfte es mehr birmesische Rohingya im Grenzgebiet geben als einheimische Bangladescher. In den letzten zwei Wochen ist ein gutes Drittel aller Rohingya aus Birma (Myanmar) ins Nachbarland geflohen. Die Minderheit sucht Schutz vor einer brutalen Militäroffensive gegen sogenannte Terroristen.

Bangladesch ist das am dichtesten bevölkerte Land der Welt. „Wir sind ein armes Land. Die Flüchtlinge sind ein großes Problem für uns“, sagt Mohammed Azae. Er hat in Cox’s Bazar einen Kleiderladen. Er hat ein paar Stücke aus seinem Bestand zusammengesucht, Kekse darin eingewickelt und sich mit einem Freund Richtung Flüchtlingslager aufgemacht.

Ist er wütend, dass Birma ihnen dieses Problem aufbürdet? „Wir sind wütend, dass die Soldaten Muslime umbringen“, sagt er. Die Flüchtlinge, die über den Grenzfluss oder das Meer kommen, fliehen vor Schüssen, vor Brandstiftung und Messerattacken durch das Militär, das nach einer Attacke Aufständischer alle Rohingya unter Generalverdacht stellt.

So auch zwei Männer aus Birma, eine Frau und ihr Baby. 15 Tage lang waren sie unterwegs bis sie auf Mohammed Azae trafen, der ihnen ein Bündel mit Keksen in die Hand drückte. Während in der Hauptstadt Dhaka gegen den „Genozid an den Rohingya“ protestiert wird, beschäftigt man sich im Grenzgebiet damit, wie den Flüchtlingen am schnellsten geholfen werden kann. Während die Hilfsorganisationen koordiniert vorgehen müssen, gehen die Bangladescher in Aktivismus auf. Regelmäßig schieben sich an den Lagern Fahrzeuge vorbei, von denen Kleidungsstücke und Lebensmittel geworfen werden. Dabei kommt es immer wieder zu Rangeleien.

Halbierte Löhne, gestiegene Lebensmittelpreise

„Wir brauchen dringend Hilfe aus dem Ausland“, sagt Mohammed Azae, nachdem er auf seinem Smartphone Fotos von den Gräueltaten des birmesischen Militärs gezeigt hat, die er für authentisch hält. Vor allem Tagelöhner in Bangladesch hätten es schwer zu überleben seitdem sie weniger verdienen. „Ein Bang­ladescher nimmt 500 Taka, ein Rohingya nur 200“, erklärt der 32-Jährige. Auf den Märkten ist Fisch zum raren Gut geworden. Wegen der Masse der Flüchtlinge verlangen Busfahrer jetzt das doppelte Fahrgeld. Die Lebensmittelpreise sind gestiegen.

Am Dienstag besuchte Premierministerin Sheik Hasina das Grenzgebiet. „Wir können 160 Millionen Menschen ernähren, also können wir auch 700.000 Rohingya-Flüchtlinge ernähren“, sagte sie. Seit Jahrzehnten bietet Bangladesch rund einer halben Million offiziell staatenloser Rohingya Schutz vor Unterdrückung in ihrem Heimatland. Hasina rief dazu auf, die Flüchtlinge zu unterstützen, und forderte die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Birma auszuüben, die Rohingya wieder zurückzunehmen. Gleichzeitig werden Pläne, Rohingya auf einer unbewohnbaren Insel im Golf von Bengalen anzusiedeln, wieder diskutiert.

Die Dhaka Tribune forderte eine „aggressive Diplomatie“ gegenüber Birma und rief die Regierung auf, verstärkt mögliche Terroraktivitäten zu überwachen. In Bangladesch gibt es oft islamistische Anschläge.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.