Besetzung der Volksbühne: Klaus Lederer und das linke Dilemma

Lässt Lederer räumen, brüskiert er jene Kulturszene, die zur Basis seiner Partei gehört. Lässt Lederer die Besetzer gewähren, riskiert er eine Krise von Rot-Rot-Grün.

Klaus Lederer muss sich entscheiden Foto: dpa

Hätte das Kollektiv „Staub zu Glitzer“ die Volksbühne vor Jahresfrist besetzt, Klaus Lederer hätte sein verschmitztestes Grinsen aufgelegt. Die Energie der Volksbühnencommunity und die Idee eines Zentrums gegen Gentrifizierung hätte der Linken-Politiker gerne mit in den Wahlkampf zum Abgeordnetenhaus und in die Koalitionsverhandlungen genommen. Gleichzeitig aber hätte er gewusst, dass auch das nichts mehr daran geändert hätte, dass Chris Dercon neuer Intendant der Volksbühne wird. Pacta sunt servanda, Verträge gelten auch für einen linken Kultursenator.

Nun wurde die Volksbühne aber erst am Freitag besetzt, und Klaus Lederer steckt mitten drin im Dilemma. Dercon will am Montag die Arbeit wieder aufnehmen, das klingt nicht nur nach einem Ultimatum, es ist auch eines. Lässt Lederer räumen, brüskiert er jene linke Kulturszene, die unter anderem auch zur Basis seiner Partei gehört. Lässt Lederer die Besetzer gewähren, riskiert er eine ernsthafte Krise des rot-rot-grünen Senats.

Schon heute beschweren sich SPD und Grüne hinter vorgehaltener Hand, dass die Linke und vor allem Lederer Senatspartei und gleichzeitig Opposition sein wollen. Bislang ist die Linke nicht schlecht damit gefahren, ihre Werte sind stabil, mit Tendenz nach oben. Im Senat aber wächst der Unmut.

Das Stück, das derzeit in der Volksbühne gegeben wird, könnte den schwelenden Konflikt eskalieren lassen. Klaus Lederer weiß das, sein Auftritt in der Nacht vom Freitag zu Samstag war alles andere als eine Solidarisierung. Doch einen Tag später reicht das nicht. Lederer wird versuchen, die Besetzerinnen und Besetzer hinter den Kulissen zum Aufgeben zu bringen – und ihnen zugleich die Möglichkeit zu geben, an anderem Ort die (dringend nötige) Debatte um den Fortbestand nicht-kommerzieller Freiräume führen zu können.

Aber auch die Besetzer stehen vor einem Dilemma. Wollen sie ausgerechnet an einem Tag, an dem die AfD in den Bundestag zieht, das Ende von Rot-Rot-Grün in Berlin riskieren?

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