Das pure Glück der Anwesenheit

Tennis Beim erstmals ausgetragenenen Laver Cup spielen die Besten in einem Team. Europa mit Roger Federer und Rafael Nadal gegen den Rest der Welt, gecoacht von Legenden wie Björn Borg und John McEnroe. Für die Zuschauer in Prag ein wahres Vergnügen

Gemeinsam statt gegeneinander: Roger Federer (links) und Rafael Nadal arbeiten in Prag sehr konspirativ und erfolgreich zusammen Foto: reuters

Aus Prag Doris Henkel

Ob er sich die ganze Geschichte nur ausgedacht hatte, um endlich Doppel mit Rafael Nadal spielen zu können? Natürlich nicht. Am Beginn stand Roger Federers Idee von einem Tennisfest, bei dem sich die Legenden seines Sports treffen, je sechs Spieler der Gegenwart in zwei Mannschaften für Europa und dem Rest der Welt um einen Pokal streiten und jeder froh über die Anwesenheit der anderen ist. Die Idee wurde in eine Form gegossen, den Laver Cup, aber je näher die Tage in Prag mit der Premiere rückten, desto ungeduldiger wurden die Fragen nach einem gemeinsamen Doppel mit Rafael Nadal.

In gut 13 Jahren spielten sie 37 Mal gegeneinander, durchlebten diverse Phasen ihrer Beziehung und gewannen zusammen gerechnet 35 Titel an Grand-Slam-Turnieren. Samstagabend um 21.20 Uhr war es so weit, bejubelt von der ausverkauften Arena, und während der meisten Zeit des Spiels sah man den beiden an, dass es auch für sie ein besonderer Auftritt war. Einmal rannte Nadal Federer fast über den Haufen, doch es ging alles gut.

Die Amerikaner Jack Sock und Sam Querrey gewannen zwar mit knalligen Schüssen den zweiten Satz, aber der Match-Tiebreak gehörte wieder ganz den Granden des Tennis (6:4, 1:6, 1:5). Vor dem dritten Tag führte Team Europa 9:3 und brauchte aus vier Spielen noch zwei Siege (jeder Sieg am letzten Spieltag war drei Punkte wert).

Die Welt des Tennis ist sicher nicht fertig mit der Diskussion, was vom Laver Cup zu halten ist, ganz im Gegenteil – sie beginnt gerade erst. Kritiker stören sich an der Tatsache, dass es zwar sowohl Preisgeld für die Sieger (250.000 Dollar für jedes Mitglied des Teams) als auch Antrittsprämien für alle gibt, aber keine Punkte für die Weltrangliste, und deshalb sagen sie, es handele sich um ein Showturnier. Definiert man das Wort Show so, dass Spieler mit überschaubarem Engagement an die Sache gehen, dass es auf Ergebnisse weniger als auf ein paar hübsche Ballwechsel ankommt, dann führt der Begriff in die falsche Richtung. Misst man den Begriff hingegen am Vergnügen, das 17.000 Zuschauer an jedem Tag in der Prager Arena dabei hatten, nicht nur die Besten der Welt im Spiel, sondern auch als Zuschauer auf der Couch oder die Kapitäne Björn Borg und John McEnroe auf der Bank zu sehen, dann ist das in der Tat eine große Show.

Der erste Laver Cup lebte auch von ur­alten und immer­grünen Gegensätzen

Federer weiß, dass weder der Internationale Tennis-Verband (ITF), der für den Davis Cup zuständig ist, noch die Spielervereinigung ATP begeistert auf Konkurrenz reagiert. Er sieht die Sache so: „Der Laver Cup ist nicht gegen den Davis Cup und nicht gegen die Tour, sondern fürs Tennis. Ich hoffe, jeder, der hier dabei ist, fährt inspiriert zur Tour zurück.“

Auf Alexander Zverev trifft das sicher zu. Schwärmerisch spricht er über die mit seinem Team verbrachten Tage, über die kleinen Geschichten, die bei den Abendessen erzählt wurden und vor allem über das Gefühl, von den Größen seines Sports aufmerksam beobachtet Tennis zu spielen. „Mit diesen Spielern zusammen zu sein, ist einfach unglaublich“, sagt er. Natürlich ist ihm nicht verborgen geblieben, dass es Kritik gab an seiner Entscheidung, nicht am vergangenen Wochenende für Deutschland im Davis Cup zu spielen, aber beim Laver Cup. „In Portugal auf Sand zu spielen“, sagt er, „wäre nicht gut für meinen Körper gewesen. Ich muss an mich und mein Ziel denken. Das ist das Masters in London, und ich bin fast qualifiziert.“

Am letzten Tag durfte er noch mal ran beim Laver Cup, auf der Bank betreut vom Kapitän des Teams Europa, Björn Borg. Wie jedes Mal machte der Schwede einen extrem entspannten Eindruck und veränderte Sitzposition und Gesichtsausdruck nicht viel öfter als einmal pro Viertelstunde. Ganz im Gegensatz zum Kollegen McEnroe, der auf der anderen Seite so zappelte wie früher auf dem Platz. Auch von den uralten und immergrünen Gegensätzen dieser beiden lebte der erste Laver Cup.