London verbietet Taxidienst Uber: Einfach Uber-geschnappt

Londons Stadtverwaltung will den beliebten Dienst Uber dichtmachen. Es hagelt Kritik. Auch normale Taxifahrer verstehen das nicht.

Ein Mann sitzt in einem Auto

Muss von Uber die Familie ernähren: Fahrer Nabil El Tahir Foto: Daniel Zylbersztajn

LONDON taz | Uber ist in aller Munde. Der private Taxivermittler, ohne den sich viele Londoner ihre Stadt nicht mehr vorstellen können, soll zum 1. Oktober seine Dienste einstellen. Aber weil Uber Einspruch erhoben hat, schwebt das Damoklesschwert ein wenig länger. Derweil nimmt die Debatte darüber an Fahrt auf.

Grund für das Vorgehen der Londoner Verkehrsbehörde TfL (Transport for London), die direkt Labour-Bürgermeister Sadiq Khan untersteht, sind Sicherheitsbedenken: Uber führe keine unabhängigen und rigorosen Checks durch. Dazu kommt das Urteil eines Arbeitsgerichts, wonach Uber-Fahrer Angestellte sind – nicht Selbstständige, für die der Gig-Economy-Gigant keine Verantwortung trägt.

Bei einem Abendgespräch widerspricht eine Uber-Benutzerin, die 45-jährige Marcella, dem Sicherheitsargument. „Man kann die gesamte Fahrt auf der App nachvollziehen, und es ist billiger“, sagt sie. Bilen Kalayu, die junge Besitzerin eines Cafés, sagt: „Ich kann bei Bedarf vom südlichen Stadtrand bis ins Zentrum von London für die Hälfte des Taxipreises fahren.“

Über 820.000 Londoner haben bis Freitagmittag eine Onlinepetition unterschrieben, die Ubers Weiterbetrieb fordert. Insgesamt zählt TfL London 140.571 Fahrer mit einer Beförderungserlaubnis. Nur 24,141 davon fahren die altbekannten schwarzen Taxis, die „Black Cabs“. Vom Rest arbeiten 40.000 für Uber.

Uber – oder arbeitslos

Uber-Fahrer Nabil El Tahir, ein Mittvierziger, hat gerade Fahrgäste am Bahnhof St Pancras abgesetzt. Bis vor zehn Monaten war der gebürtige Sudanese arbeitslos. Heute hängen er und seine Familie, fünf Personen, vom Uber-Job ab: Durchschnittlich 15 Pfund pro Stunde (17 Euro) bringt er nach Hause, davon muss er den Wagen abzahlen und die Kfz-Versicherung tragen. Ohne Uber steht er vor dem Nichts.

„Uber hat die Verpflichtung, für uns mit TfL zu verhandeln und alles so zu regeln, dass wir weiterfahren können“, sagt er scharf. Ob Unternehmer oder Arbeitnehmer ist ihm egal, Hauptsache er kann fahren.

An einer anderen Ecke wischt Houssain, 57, sein nagelneues traditionelles Black Cab mit einem Staubwedel ab. Es ist eines der letzten Dieseltaxis – ab 2018 werden in London nur noch Elektrotaxen zugelassen. Houssain, gebürtiger Äthio­pier, sympathisiert mit den Uber-Fahrern. „Uber sollte sich darum kümmern, dass ihre Papiere richtig gecheckt werden und sie weiterfahren können“, sagt er.

Taxis jetzt auch per App

Erst vor knapp zwei Jahren wurde er Taxifahrer, nach einer dreijährigen Ausbildung, dem sogenannten Knowledge – der Goldstandard für Taxifahrer in London. „Wenn eine Straße dicht ist, wissen wir sofort, wie das zu umgehen ist, während die anderen voll von ihrem Navi abhängig sind.“

Die Black Cabs passen sich an. Man kann sie inzwischen auch per App bestellen, das war jahrelang nur bei Uber möglich.

Auf der anderen Seite hat sich Uber-Chef Dara Khosrowshahi zu Wort gemeldet: Er wolle alles richtig machen, versicherte Khosrowshahi demütig. Ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dessen arrogante E-Mails an TfL die Financial Times veröffentlicht hat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 2012 für die taz im ständigen Einsatz. In München geboren und aufgewachsen, machte er sein Abitur in Israel. Seit 1991 lebt er im Herzen Londons, wo er zunächst drei Hochschulabschlüsse absolvierte, unter anderem an der SOAS, wo er Politik und Geschichte studierte. Nach einer Rundfunkausbildung war er zunächst für DW im Einsatz. Neben dem Journalistischen war er unter anderem als qualifizierter Pilateslehrer, Universitätsassistent und für das britische Büro des jüdisch-palästinensischen Friedensdorfes Wahat al-Salam ~ Neve Shalom tätig. Für die taz bereist er nicht nur die abgelegensten Ecken Großbritanniens, sondern auch die Karibik und die Kanalinseln. Sein Buch über die Schoa "Soll sein Schulem. Verluste, Hass, Mord, Fragen der Identität aus autobiografischer Sicht," soll Ende 2024 oder Anfang 2025 erscheinen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.