Mongolei
: Wie Nachbarn

Die Stimme aus dem Ausland

von Dendev TerbishdagvaBotschafter der Mongolei in Deutschland 2002–2004

Wir Mongolen mögen Deutschland und die Deutschen. Mehr als ein Prozent unserer 3 Millionen Einwohner sprechen Deutsch. Die ersten Mongolen zogen schon in den 20er Jahren mit Pferdewagen nach Deutschland. Sie wurden Wissenschaftler, Schriftsteller und Inge­nieu­re. Viele von uns haben in der ehemaligen DDR studiert, darunter der Präsident und mehrere Minister. Auch ich habe lange in Deutschland gelebt, zunächst als Student und Dozent in der DDR und dann als Unternehmer im wiedervereinigten Deutschland.

Dass zwei gegensätzliche Länder sich zu einem vereinigt haben, und zwar ohne Krieg, darüber kann man aus ausländischer Perspektive zufrieden sein. Angela Merkel bedient dieses Gefühl der Zufriedenheit unter den Deutschen offenbar erfolgreich. In der Mongolei ist sie sehr bekannt. Die Mongolen begeistert, dass eine Frau aus dem Osten Gesamtdeutschland so viele Jahre lang gut regiert. Angela Merkel ist in unseren Augen eine Weltpolitikerin.

Die Mongolei hat neben Deutschland, das wir als Drittnachbarn bezeichnen, auch gute Beziehungen zu Russland. Wir würden uns wünschen, dass Deutschland seine guten Beziehungen zu Russland beibehält und weiterhin eine wichtige Rolle in der Region spielt.

Interessant ist, dass CDU und SPD gut miteinander regieren können. Aber warum können die links orientierten Parteien das nicht? Die Ideologie ist doch ähnlich? Ob die Kanzlerin oder der Kanzler zukünftig Merkel oder Schulz heißt, wird aber auf die Mongolei kaum Auswirkungen haben. Deutschland hat unsere Demokratie – die Mongolei ist das einzige demokratische Land in Zentralasien – immer unterstützt und wird sie weiterhin unterstützen.

Deutschland ist nach Japan das zweitgrößte Geberland in puncto Entwicklungshilfe und Krediten. Seit 1990 sind mehr als 450 Millionen Euro aus Deutschland in die Mongolei geflossen. Das ist gut, aber wir brauchen nicht nur Geld, sondern auch Unterstützung bei der Qualifizierung unserer Leute. Leute, die in Deutschland ein duales Studium absolviert haben, gehören bei uns zu den qualifiziertesten Fachkräften. Davon brauchen wir mehr. Ich gehöre zu denen, die die duale Ausbildung auch in der Mongolei einführen wollen.

Was mich besorgt, ist der Aufstieg rechter Bewegungen und Parteien. Ich bin in Ostdeutschland vor der Wende weder mit Nazismus noch mit Rassismus konfrontiert worden. Ausländerhass haben wir erst nach der Wende zu spüren bekommen, meine Tochter wurde bespuckt. Warum sich das so entwickelt hat, dafür habe ich keine Erklärung. Aber die deutsche Politik muss sich intensiv damit beschäftigen und hat eine große Verantwortung, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.

Protokoll: Anna Lehmann